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Schweiz pur

Das Traditionelle, Urchige ist nach wie vor hoch im Kurs. All dies vereint am Pfingstmontag das Glarner-Bündner Kantonalschwingfest.

Marco
Lüthi
18.05.18 - 04:30 Uhr
Schwingen

Längst ist Schwingen in der Schweiz keine Randsportart mehr. Jährlich pilgern Tausende an die regionalen und kantonalen Schwingfeste sowie an die Bergfeste auf dem Brünig, der Schwägalp oder dem Stoos.

Am Pfingstmontag zieht es wieder viele Fans ans Glarner-Bündner. In diesem Jahr findet das Kantonalschwingfest in Schwanden statt. Dort, wie auch an den übrigen Festen, kommt das Gesellige nicht zu kurz. Schwingfeste haben Volksfest-Charakter, bei denen das friedliche Miteinander im Vordergrund steht. Hinzu gesellen sich Ländlermusik, der Duft von Sägemehl, Bratwurst oder Kafi-Lutz. Diese besondere urchige Atmosphäre lockt jeweils auch viele Zuschauer an, die mit Schwingen nichts am Hut haben. Damit auch Laien wissen, um was es beim Schwingen geht und gleich mitfachsimpeln können, ein kurzer Crash-Kurs:

Die Regeln in Kürze

Die beiden Kontrahenten greifen gegenseitig an die sogenannte Schwingerhose und versuchen den Gegner durch das Anbringen von «Schwüngen» auf den Rücken zu zwingen. Der Sieg ist gültig, falls der überlegene Schwinger den Unterlegenen mit mindestens einer Hand an der Schwinghose festhält und der Unterlegene den Boden mit beiden Schulterblättern oder mindestens zwei Dritteln des Rückens berührt. Gibt es bis zum Ablauf der Zeit keinen Sieger, wird der Gang als «gestellt» und somit unentschieden bewertet. Vor dem Kampf begrüssen sich die Gegner mit einem freundschaftlichen Handschlag. Der Sieger wischt schliesslich dem Verlierer das Sägemehl vom Rücken.

Die wichtigsten Begriffe

«Gang:» Ein Kampf heisst Gang. Er wird von einem Platzkampfrichter im Sägemehl und zwei Kampfrichtern am Tisch geleitet und bewertet. Nach fünf Gängen treten die beiden Schwinger mit der höchsten Punktzahl zum Schlussgang an.

«Anschwingen»: Die ersten zwei Gänge eines Schwingfestes werden als Anschwingen bezeichnet. Dort treffen jeweils die besten Schwinger aufeinander – für Spektakel ist also schon früh gesorgt.

«Ausschwingen»: Analog zum Anschwingen werden die Gänge Nummer 3 und 4 als Ausschwingen bezeichnet.

«Ausstich»: Die letzten zwei Gänge (5 und 6) heissen Ausstich.

«Böse»: Der liebevoll gemeinte Begriff gilt den stärksten Schwingern im Land. Da es keine Definition darüber gibt, wer als «Böser» gilt, werden heute alle Schwinger mit Eidgenössischem Kranz mit diesem Begriff beschrieben.

«Gabentempel»: Der Sieger erhält in der Regel als Hauptpreis einen Muni. In Schwanden heisst er «Kelvin». Da aber nicht jeder Gewinner einen Bauernhof hat, wird oft der Gegenwert des Tieres in bar aufbezahlt. In der Regel sind auch die übrigen Lebendpreise für die ersten Ränge fix verteilt. Im Gabentempel können sich die weiteren Schwinger – in der Reihenfolge ihrer Klassierung – nach Abschluss des Festes ihren Lohn für die Leistungen im Sägemehl abholen.

«Kranz»: Die besten 15 bis 18 Prozent der Schwingfest-Teilnehmer erhalten einen Kranz. Um das begehrte Eichenlaub zu erhalten, werden in der Regel 56,00 oder mehr Punkte benötigt.

«Sennenschwinger»: Ist der ursprüngliche Schwingertyp, der aus einem reinen Schwingerklub kommt. Er trägt dunkle Hosen und ein farbiges, in der Regel hellblaues, traditionelles Edelweiss-Hemd.

«Turnerschwinger»: Der zweite Schwingertyp. Er kommt meistens aus einem Turnverein und trägt weisse Hosen sowie ein weisses T-Shirt.

«Gestöss»: Bezeichnet die Beinabschlüsse der Schwingerhosen. Diese werden aus Zwilchstoff in Handarbeit hergestellt.

«Eidgenosse»: Wer beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (Esaf) einen Kranz gewinnt, kann sich nicht nur «böse», sondern auch «Eidgenosse» nennen.

Die wichtigsten Schwünge

Der Kurz

Der Kurzzug ist der am meisten angewandte Schwung. Man macht Körperfinte nach links, um anschliessend mit dem linken Bein zwischen die Beine des Gegners zu gelangen. Mit festem Griff folgt eine Drehung nach rechts.

Der Übersprung

Das eigene Bein geht sprungartig hinter das diagonal liegende Bein des Gegners. Danach wird der Oberarm fixiert und mit wuchtigem Druck nach vorne vervollständigt. Bei korrekter Ausführung ist dieser Schwung ein Garant für Maximalnoten.

Der Brienzer

Der Brienzer ist eine der effektivsten Waffen für kleinere Schwinger. Der Angreifer fasst Griff über die Schulter am Gurt des Gegners. Er hängt mit dem Bein beim Gegner ein, packt mit der anderen Hand dessen Oberarm. Er hebt das Bein an und leert nach vorne ab.

Der Hüfter

Mit einer ruckartigen Bewegung des eigenen Gesässes nach links wird der Gegner über das eigene Hinterteil auf den Rücken gedreht.

Der Bur

Der Bur ist der am häufigsten angewandte Schwung im Bodenkampf. Mit dem linken Bein wird das Knie des Gegners fixiert. Anschliessend wird mit der rechten Hand im Spalt bis zum Gurt an der Schwingerhose gegriffen, wodurch die Bewegungsfähigkeit des Gegner eingeschränkt wird. Danach wird der Gegner mit Hilfe der rechten Hand, verbunden mit einer Drehbewegung, am Boden überdrückt.

Der Gammen

Der Angreifer hakt entweder mit seinem linken Bein am rechten des Gegners oder umgekehrt ein. Mit gleichzeitigem Vorwärtsdruck aus dem Oberkörper wird der Gegner rücklings aus dem Gleichgewicht gebracht und auf den Boden gedrückt.

Der Wyberhaken

Der Angreifer attackiert den Gegner mit einem Gammen, klemmt dann das gegnerische Bein mit den eigenen Beinen ein und hakt nachher übers Kreuz mit dem anderen Bein ein. Dadurch ist der Gegner in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und kann sich kaum mehr ausdrehen.

Jungschwinger erklären, warum für sie Schwingen das Grösste ist

 

Marco Lüthi ist Redaktor und Produzent bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Mehr Infos

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