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Flammeninferno in Australien spitzt sich zu: Mindestens zwölf Tote

Die Buschbrände im Südosten Australiens nehmen immer dramatischere Ausmasse an und haben inzwischen mindestens zwölf Menschen das Leben gekostet. Im Staat Victoria flüchteten Tausende Urlauber an den Strand, um Schutz vor dem herannahenden Flammenmeer zu suchen.

Agentur
sda
31.12.19 - 15:13 Uhr
Ereignisse

Ein Vater und sein Sohn wurden am Dienstag nach Behördenangaben unweit der Küste des Bundesstaats New South Wales tot aufgefunden: Sie hatten demnach versucht, ihr Haus in dem Ort Cobargo vor der Feuersbrunst zu schützen. Ein Feuerwehrmann war am Montag in einem Feuer-Tornado im Bundesstaat New South Wales gestorben. Weitere fünf Menschen galten nach wie vor als vermisst. Im südlichen Bundesstaat Victoria flüchteten Tausende Urlauber an den Strand, um Schutz vor den herannahenden Flammen zu suchen.

Angesichts der teils unkontrolliert brennenden Grossfeuer und vielerorts abgeschnittenen Fluchtwege bangen die Rettungskräfte um das Leben von vier Vermissten in Victoria. Nebenan in New South Wales wird noch nach einem verschollenen Mann gesucht.

Sydney hält weiterhin an Feuerwerk fest

Inmitten des Chaos und der wachsenden Luftverschmutzung hielt die Küstenmetropole Sydney trotz Protesten an ihrem traditionellen Silvester-Feuerwerk im Hafen fest. Hunderttausende Unterzeichner einer Petition hatten sich vergebens bis zuletzt um eine Absage der Pyro-Show bemüht.

Um 14 Uhr mitteleuropäischer Zeit erreichte das neue Jahr den Osten Australiens. In Sydney schoss zu Mitternacht ein spektakuläres Feuerwerk über dem Hafen der Küstenmetropole in den Himmel. Bereits um 21 Uhr Ortszeit erstrahlte eine «Familien»-Show über dem berühmten Opernhaus.

Angesichts der verheerenden - und sehr nahen - Buschbrände in der Region hatte im Vorfeld eine Petition zur Absage der Pyro-Show Hunderttausende Unterzeichner gefunden. Die Stadt hielt aber am Plan fest; die Feuerwehr erteilte eine Sondergenehmigung fürs Feuerwerk.

Zur grossen Silvesterfeier am Hafen mit rund einer Million Besuchern flatterten die Fahnen der Harbour Bridge in Gedenken an die Opfer auf Halbmast, bevor das Feuerwerk in die Luft ging. Der Touristenandrang zum Jahreswechsel beschert Sydney alljährlich Einnahmen von umgerechnet rund 80 Millionen Euro.

Das Rote Kreuz will während der Silvesterfeiern Geld sammeln für die erschöpften Rettungskräfte und jene Menschen, denen die Flammen fast alles genommen haben.

Klimawandel und Koalas

Mit Blick auf die Buschbrände sei aber nicht das Silvester-Feuerwerk in Sydney, sondern der Klimawandel das wahre Problem, sagte die Oberbürgermeisterin der Küstenmetropole. «Menschen haben ihr Zuhause verloren, Menschen sind gestorben. Feuerwehrleute sind bei der Verteidigung ihrer Gemeinden umgekommen», ergänzte Clover Moore Reportern am Dienstag und kritisierte die Klimapolitik der Regierung in Canberra. «Was hier passiert, ist ein Weckruf für unsere Regierungen, künftig auf effiziente Weise zur Reduzierung der weltweiten Emissionen beizutragen.»

Australische Naturschützer beklagen zudem die Auswirkungen der anhaltenden Buschfeuer auf Kängurus, Koalas und andere Arten. «Viele Tiere litten schon unter einem Mangel an Wasser und Nahrung durch die Dürre», schreibt der Tierrettungsdienst Wires im Bundesstaat New South Wales auf seiner Webseite.

«Mit den Bränden, die eine nie dagewesene Zahl von Lebensräumen zerstören, ist auch der Futtermangel schlimmer geworden», beklagt die Organisation. Australische Medien hatten immer wieder von Kängurus, Koalas und anderen Tieren berichtet, die vor den Flammen flohen oder darin verbrannt waren.

Feuerwehrleute berichteten wiederholt von Koalas, Kängurus und anderen Tieren, die sich durstig den Helfern genähert hätten, um von ihnen versorgt zu werden. Fotos zeigen, wie Menschen den Koalas mit Hilfe von Trinkflaschen Wasser geben. Die Tiere trinken selten. Zumeist genügt ihnen das Wasser aus den Blättern, die sie fressen.

Schon seit Oktober wüten die Buschbrände in Australien, doch so extrem wie jetzt schien die Lage noch nicht. Allein in New South Wales ist mittlerweile eine Fläche der Grösse Belgiens abgebrannt, fast 1000 Häuser wurden zerstört. Und ein Ende des Infernos ist nicht in Sicht - im Gegenteil: Für Dienstag wurden weitere Temperatursteigerungen bis weit über 40 Grad hinaus und Unwetter mit starken Windböen erwartet, die die Brände weiter anfachen könnten.

Feuer-Tornado wirbelt Feuerwehr-LKW umher

Der Fall des am Montag umgekommenen Feuerwehrmanns verdeutlicht die Zerstörungskraft der Flammen: Sein zwölf Tonnen schweres Löschfahrzeug wurde durch einen vom Feuer ausgelösten Tornado in die Höhe gerissen und krachte mit dem Dach voran zu Boden. Zwei Kollegen des 28-Jährigen kamen mit Verbrennungen und anderen Verletzungen ins Spital.

Auch ein kleinerer Einsatzwagen wurde von der Wucht der angefachten Winde durch die Luft gewirbelt und aufs Dach geschleudert. Dabei wurde ein weiterer Feuerwehrmann schwer verletzt. Der regionale Feuerwehrchef Shane Fitzsimmons nannte die Lage angesichts des ausser Kontrolle geratenen Buschfeuers auf halber Strecke zwischen Sydney und Melbourne «wahrlich schrecklich».

Bewohner flüchten vor Glut an den Strand

In der rund 500 Kilometer östlich von Melbourne gelegenen Küstenstadt Mallacoota wurden rund 4000 Urlauber von den Behörden angewiesen, sich aus Sicherheitsgründen ans Meer zu begeben. Da die meisten Fluchtwege über Strassen abgeschnitten waren, versammelten sich viele von ihnen am Strand. Selbst bis dorthin trug der Wind die Aschefetzen und Glutspäne der ringsum lodernden Feuer. Der Himmel über Mallacoota sei «pechschwarz, und es ist sehr beängstigend», sagte Andrew Crisp vom Zivilschutz Victoria.

Robert Phillips, Miteigentümer eines lokalen Supermarktes, sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag, er beherberge etwa 45 Menschen in seinem Laden, während andere zum Hafen der Stadt geflohen seien. «Überall gibt es Brände - überall weht Glut in den Strassen», sagte er. «Es gibt hier viele Kinder, die nicht richtig atmen können.» Die Stadt sei von der Aussenwelt abgeschnitten.

Auf Social-Media-Beiträgen von noch in der Stadt eingeschlossen Menschen sieht man blutroten, Rauch verhangenen Himmel und Touristen, die Schulter an Schulter am Strand liegen, einige tragen Atemschutzmasken.

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