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So ein Seich: Autobetriebe Sernftal schliessen Toiletten

Wer künftig im Sernftal sein Geschäft erledigen will, muss auf die Gastfreundschaft der Einheimischen oder eine «Nette Toilette» hoffen. Die Autobetriebe Sernftal haben die öffentlichen Toiletten nämlich geschlossen.

Paul
Hösli
01.05.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Die Benützung der ehemals öffentlichen Toiletten am Busbahnhof Engi bleibt Mitarbeitern der Autobetriebe vorbehalten.
Die Benützung der ehemals öffentlichen Toiletten am Busbahnhof Engi bleibt Mitarbeitern der Autobetriebe vorbehalten.
SASI SUBRAMANIAM

Ein herrlicher warmer Sommertag. Eine Familie mit zwei Kindern aus dem Unterland beschliesst, den Tag im Sernftal zu verbringen. Sie reist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an. Es ist heiss, der Durst muss gestillt werden. Was reingeht, muss bekanntlich irgendwann wieder raus. In Engi angekommen, drückt die Blase schon heftig, dem muss schnell Abhilfe verschafft werden. Aber oha, am Busbahnhof ist die Tür zu den Toiletten verschlossen. Zum Glück gibt es vis-à-vis noch das Restaurant «Bahnhof», doch da Wochenende ist, sind auch diese Türen zu. Bleibt der Familie mit dem kleinen Max und der kleinen Emma wohl nur noch die Flucht in die Botanik.

Ein Augenschein vor Ort zeigt: Ohne Schlüssel läuft gar nichts – dies seit bereits mehreren Monaten. Die Toiletten dürfen lediglich noch von Mitarbeitern der Autobetriebe Sernftal benutzt werden. Auch die WC-Symbole wurden von den Türen entfernt. «Engi Vorderdorf ist eine schwach frequentierte Haltestelle, deren Ein- und Aussteiger in unmittelbarer Nähe wohnen. Bei den alten WC-Anlagen wären zudem grosse Renovationsarbeiten angestanden», erklärt Meinrad Schmid, Direktor der Autobetriebe Sernftal, die Beweggründe.

Elm nicht mehr im Besitz

Das Areal beim Bahnhof in Elm haben die Autobetriebe Sernftal zudem im letzten Jahr an den Verein Sernftalbahn abgetreten. Dort soll in zwei Jahren das neue Sernftalbahn-Museum eröffnet werden. «Die Toilette ist für die Besucher frei zugänglich. Ansonsten ist sie geschlossen, da wir den Unterhalt nicht finanzieren können. Zufrieden mit der Lösung sind wir nicht, und es steckt auch kein böser Wille dahinter, aber solch eine öffentliche Toilette braucht Pflege», sagt Dieter Enz, der Mediensprecher des Vereins.

Kurzum, es gibt Zeiten, da finden Max und seine Familie im gesamten Kleintal keine öffentliche Toilette. Bei den Sportbahnen in Elm hat es noch eine solche, aber die Sportbahnen sind nicht ganzjährig geöffnet. Finanzielle Gründe für die Schliessung gebe es laut Meinrad Schmid keine. Die Gemeinde Glarus Süd wurde über die Schliessungen nicht informiert (siehe Interview mit Mathias Vögeli). «Als Busunternehmen haben wir keine Pflicht, öffentliche WC-Anlagen zu betreiben», hält Schmid fest.

«Als Busunternehmen haben wir keine Pflicht, öffentliche WC-Anlagen zu betreiben.»

«Alle unsere Linien beginnen oder enden in Schwanden, wo die Gemeinde vor einiger Zeit am Bahnhof eine neue WC-Anlage erstellt hat», führt er weiter aus. Dies löst aber das Problem mit den Toiletten im Sernftal nicht. Glarus Süd ist eine Tourismusregion, die fehlenden öffentlichen Toiletten könnten daher dem Image schaden.

Auf Gastfreundschaft hoffen

Meinrad Schmid sieht dennoch einen positiven Ansatz. «In verschiedenen Orten in der Schweiz gibt es die sogenannte ‘Nette Toilette’. Gastronomen stellen ihr WC zur Verfügung und erhoffen sich dadurch einen höheren Umsatz durch Kunden, die sie besuchen.»

Darin sieht die Wirtin des Restaurants «Bahnhof» in Engi kein Problem. «Wer anständig bei uns anfragt, darf die Toiletten gerne benutzen», so Astrid Blatter. Nur nicht am Wochenende, wo erfahrungsgemäss die meisten Touristen unterwegs sind, wie etwa auf dem Suworow-Wanderweg. Sonst bleibt der Familie mit dem kleinen Max nur der Wegrand als Toilette übrig. Schwieriger könnte es werden, wenn sich ein grosses Geschäft anbahnt.

 

Paul Hösli ist Redaktor bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Wenn er keine Artikel über das regionale Geschehen verfasst, produziert er die Zeitung. Zudem ist er der Stellvertreter von Ruedi Gubser für das Ressort Sport. Er ist seit 1997 bei der «Südostschweiz», im Jahr 2013 wechselte er intern von der Druckvorstufe in die Redaktion. Zuerst in einem 40-Prozent-Pensum und seit 2016 zu 100 Prozent. Mehr Infos

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Bin in Engi aufgewachsen und kenne somit meine Heimat bestens. Zu meiner Zeit gab es ein "Schisshus" beim Bahnhof Vorderdorf. War es geschlossen so - Abmarsch in den Steinschlag auf der anderen Seite des Sernft. Und solche " Naturwc " gibt es heute noch im ganzen Tal.

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