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2.40 Franken

Christian
Ruch
22.02.20 - 04:30 Uhr
Freepik

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Ich weiss ja nicht, mit was Sie zum Valentinstag beglückt wurden, aber ich bekam Post von einer netten Dame namens Helvetia. Postillon d’amour war in diesem Fall der Bündner Regierungsrat Peter Peyer, der mir mit einer schönen Urkunde mitteilte, dass Helvetia und Steinbock mich gewissermassen adoptiert haben.

Nun bin ich also tatsächlich Schweizer. Nachdem sich ein heiserer Schrei freudiger Erregung meiner Kehle entrungen hatte, schossen tausend Fragen durch meinen Kopf: Was heisst das jetzt konkret? Muss ich in die RS? Und wenn ja, kommt das gut, wenn man mir ein Sturmgewehr in die Hand drückt, oder führt das zu bedauerlichen Kollateralschäden? Darf ich im Mai über die «Begrenzungsinitiative» der SVP abstimmen? Darf ich also als Schweizer dafür sorgen, dass Deutsche wie ich nicht mehr in die Schweiz strömen, will sagen: Darf ich mir selbst die Freizügigkeit kündigen? Allerdings begriff ich auch, warum der Einbürgerungsbescheid ausgerechnet jetzt kam. Ich hatte nämlich neulich im Staatsarchiv Graubünden vergessen, zwölf Kopien zu bezahlen, schuldete dem Kanton also 2.40 Franken. Schweissgebadet wachte ich eines Nachts auf, als mir das bewusst wurde, und die Aussicht, diesen wunderbarsten aller Kantone in den Bankrott zu treiben, liess mich keine Ruhe mehr finden. Für mich als ferrosexuellen Befürworter eines Eisenbahntunnels von Scuol nach Mals im Vinschgau wäre es ein geradezu unerträglicher Gedanke, wenn so ein zukunftsweisendes Projekt an diesen 2.40 Franken scheitern sollte. Also eilte ich schon am nächsten Morgen ins Staatsarchiv, um die Bündner Finanzen wieder ins Lot zu bringen. Und siehe da: Kaum war die Schuld beglichen, flatterte die Einbürgerungsurkunde ins Haus. Ich bin sicher, dass Regierungsrat Peyer erst einmal abwarten wollte, ob ich mich der staatsbürgerlichen Weihen überhaupt würdig erweise, indem ich dem Kanton die ihm zustehenden 2.40 Franken zahle. Hab ich ja nochmal Glück gehabt!

Falls Sie also auch auf die Einbürgerung warten, vergewissern Sie sich, ob Sie dem Kanton nicht noch 2.40 Franken schulden. Und falls Sie noch mitten im Verfahren stecken, ein Tipp: Die Schweizer Nationalhymne beginnt nicht mit «Trittst im Morgenrock daher»!

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