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Souteier

Christian
Ruch
28.09.19 - 04:30 Uhr
PIXABAY

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Politische Korrektheit gebietet es, von Menschen respektvoll zu sprechen. Der Schulabwart wurde zum Real-Estate-Manager im Bildungsbereich upgegradet und die Klofrau ist der Desinfektionsfachkraft im Defäkationssegment gewichen. Wurden Deutsche früher als «Sauschwobe» definiert, ist heute politisch korrekt von «Nutztierwürttembergern» die Rede. Was mich aber ehrlich gesagt immer noch stört. Denn ich stamme aus dem badischen Teil von Baden-Württemberg, bin also weder Württemberger noch Schwabe. In diesem Punkt erweisen sich meine ansonsten sehr geschätzten Schweizer Mitmenschen leider als – politisch korrekt formuliert – kognitiv etwas herausgefordert. Für sie sind alle Deutschen Schwobe. Mit Ausnahme der Bayern, die man nett, da wesensähnlich alpin-urchig findet und auch bewundert, von wegen trinkfest und Oktoberfest und so.

Für uns Badener sind Württemberger resp. Schwaben das, was für Schweizer Sauschwo…, äh nette nördliche Nachbarn sind. Denn wir Badener sind anders. Vor allem ist uns der sprichwörtliche schwäbische Geiz völlig fremd. Wo wir unseren Gästen eine Schwarzwälder Kirschtorte nach der anderen kredenzen, heisst es bei Schwaben «Kommet nachem Kaffee, denn send er zom Nachtesse weder dehoim.»

So amüsiere ich mich immer köstlich, wenn in der Raststätte «Heidiland» schweizerische Erlebnisgastronomie im gehobenen Preissegment auf schwäbisches Preisbewusstsein trifft. Dann tigern Helmut und Helga aus Waiblingen durch den «Marché», der Hunger springt ihnen geradezu aus den Augen, doch die Preise lassen sie schaudern. «Heidenei, isch des älles souteier», murmelt Helmut. «I gloub, i nehm nur e Brezel.» Dummerweise ist der Hunger aber weitaus grösser, schliesslich haben Helga und Helmut seit dem im Preis inbegriffenen Hotelfrühstück in Alassio nichts mehr zu sich genommen. «En Wahnsinn, so korz vor der Gränze no ebbes z’ässe, die Schweizer nähmet’s ja vo de Läbende», so Helmut. Der später auch noch feststellen muss, dass der WC-Coupon hätte eingelöst werden können, aber Helga war natürlich erst nach dem Essen auf dem Klo. Und schon ist die Erholung ganz schnell dahin.

Sehen Sie, wir Badener sind da ganz anders. Wir verpflegen uns im «Heidiland»-Coop.

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