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Putzen für Gäste

Christian
Ruch
07.04.18 - 04:30 Uhr
PIXABAY

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Empfängt man zu Hause Besuch, stellt sich immer eine ganz grundsätzliche Frage: Wie intensiv muss man vorher die Wohnung putzen? Für mich als Deutschen ein besonderes Problem, stehen wir doch bei Schweizern unter dem Verdacht mangelnder Reinlichkeit, weil wir z.B. nach dem Baden nicht duschen. Unlängst wurde ich eidgenössischerseits gerügt, das sei total unhygienisch, man müsse doch das schmutzige Badewasser abspülen, zumal der Badezusatz Schadstoffe habe. Seitdem steige ich mit dem Gefühl aus der Wanne, nicht so sehr duftend und rein, sondern als wandelnder Sondermüll ins Bett zu gehen.

Als wir neulich eine grössere Gästeschar zum Apéro bei uns daheim begrüssen durften, bestand die wunderbarste aller Schweizerinnen an meiner Seite darauf, dass auch die Dusche blinken und blitzen müsse. Mein wahrscheinlich typisch deutscher Einwand, dass Apéro-Gäste selten duschen, fand weder Gnade noch Gehör. Um dieser Putzaktion dann doch noch eine gewisse Sinnhaftigkeit zu verleihen, wies ich unsere Gäste darauf hin, dass die Dusche makellos sauber sei und forderte zu reger Nutzung auf. Zu meiner grossen Enttäuschung wurde aber bis zum Aufbruch ins Restaurant von unseren Gästen weder geduscht noch gebadet. Nur das WC einmal benutzt, wenn ich mich recht erinnere. Das ist aber auch so eine Sache: Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber es gibt Leute, die werden misstrauisch und nervös, wenn Gäste sehr lange in ihrem Bad verweilen. Die sich dann fragen, ob der Besuch sich über Gebühr am biologisch abbaubaren, gewaltfrei und von Hand geschöpften WC-Papier mit Lavendelduft aus der Provence bedient oder eine Inspektion des Spiegelschranks vornimmt und zur Abklärung des jeweiligen Hygiene-Standards die Haare in der Bürste zählt. 

Es ist eben echt doof, wenn man kein Gäste-WC hat, wo man Besuchern eine Enklave perfekter Reinlichkeit bieten kann. Vielleicht sollte man es so machen wie die Franzosen, die sich oft für ihre Wohnung schämen und sich daher gleich im Restaurant treffen. Und mit dem echt guten Gefühl nach Hause fahren, dass man hygienisch mit den allermeisten Beizen-Klos mithalten kann. Aber locker!

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