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Ferrovialfrauen

Christian
Ruch
02.09.17 - 10:00 Uhr
PIXABAY

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Ist eine Beziehung zwischen Mann und Frau generell schon zahlreichen Irrungen und Wirrungen ausgesetzt, sind jene Frauen mit einem besonders schweren Schicksal geschlagen, deren Mann sich als ferrosexuell erweist, also häufig hohes Eisenbahnfieber hat. «Die Liebe dieser sogenannten Ferrovialfrauen wird vor allem auf Bahnreisen auf eine harte Probe gestellt», bestätigt der bekannte Paartherapeut Klaus Heer. Dann nämlich werde jedes, aus Sicht der Ferrovialfrau völlig unwichtige Detail wie etwa die Wagenreihung entgegenkommender Züge vom ferrosexuellen Partner so ausführlich kommentiert, dass ein normales Gespräch nicht mehr möglich sei.

Wie Heer aus seiner Praxis weiss, ist die Beziehung zu Ferrosexuellen selbst in der Verliebtheitsphase schwierig. «Da sitzt das Paar händchenhaltend in einem Gartenrestaurant, doch plötzlich springt der Mann auf und stürmt davon, als habe er kolikartigen Durchfall. Der Ferrovialfrau bleibt nur ein entsetztes ‚Was ist denn jetzt los?!’, noch nicht wissend, dass das überaus feine Gehör des Ferrosexuellen einen Zug wahrgenommen hat, der ihn zum Gleis treibt.» Im Restaurant nahe der Bahnstation Spinas am Südportal des Albulatunnels spielten sich regelmässig solche Szenen ab, so Heer. Allerdings leide auch der Ferrosexuelle, denn dass seine Partnerin auch nach einer langjährigen Beziehung noch nicht den Unterschied zwischen Vor- und Hauptsignal kenne, belaste ihn sehr.

Manchmal zeigt der Ferrosexuelle jedoch auch gute Seiten. So kann die Ferrovialfrau in Milano shoppen, bis die Kreditkarte glüht, denn zum einen weiss sie dank ihrem Schatz, wann notfalls der überübernächste Zug fahren würde, zum andern hat sie ihn an der Stazione Centrale abgestellt, wo er sich sinnvoll zu beschäftigen weiss. Er sitzt also nicht wie andere Männer im Wachkoma auf einem Schemeli vor der Umkleidekabine, um nur dann kurz munter zu werden, wenn sich der Anblick einer anderen Frau in Unterwäsche bietet. Insofern hat die Ferrovialfrau doch einen echten Traummann!

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