×

Pärchenzeit

Karin
Hobi-Pertl
21.07.17 - 10:10 Uhr

Karin Hobi-Pertl ist zweifache Mutter und «nebenbei» noch Autorin. Seit ihrer Jugendzeit schreibt sie - aus Leidenschaft und Berufung. In ihrem Blog berichtet sie über Mutterfreuden, Perfektionismus und was das Muttersein noch so mit sich bringt.

Wo war ich die vergangenen Sommer, wenn die Sonne mich nach draussen rief, um meine Haut zu bräunen, meine Seele zu wärmen, mich dazu animierte, mich im kühlen Nass, mit einem leckeren Eis oder einem kalten Bierchen zu erfrischen? Im Büro! Im Büro war ich. Während unzählige Sommer an mir vorbeizogen. Aber die gute Nachricht ist: Jetzt bin ich Mutter. Und eine Mutter darf ihre Arbeit genau dort verrichten, wo sie will und wann sie will.

Und was mein Mann und ich in diesem Sommer ebenfalls wollten, war Pärchenzeit. So beschlossen wir, zwei Tage ohne die Kinder zu verbringen. Richtig: Zwei Tage und eine ganze lange Nacht. Wir suchten mit unseren beiden Babysittern nach dem geeigneten Datum. Der Grundbaustein für Stunden als Liebespaar war somit gelegt. Und dann war es so weit. Es ging ans Packen. Eigentlich hätte ich mich gerne noch ein bisschen schöngemacht, aber ich wollte mich gerechtigkeitshalber besonders liebevoll um die Kinder kümmern und sie vor unserer Pärchenzeit noch richtig geniessen. Und um mich schön zu machen, habe ich ja nachher so was von genügend Zeit. Also. Erst einmal packen. Animieren (Jaaa! Du darfst bei deinem Nani übernachten. Das ist das Grösste und Beste überhaupt!). Weiterpacken. Und auf keinen Fall das geliebte Kuscheltier zu Hause lassen. Oh! Kinderzahnbürsten. Fast vergessen. Zwischendurch mal Windeln wechseln. Apropos Windeln: Habe ich wirklich genügend eingepackt? Lieber noch zwei, drei dazutun. Für alle Fälle. Weiterpacken. Streitende Kinder auseinandernehmen. In den Arm nehmen. Trösten. Fertig packen. Zu guter Letzt dann auch noch die Tasche von mir und meinem Mann. Mein geliebtes Buch ist auch dabei. Und sicherheitshalber mal ein Bikini. Man weiss ja nie. Pärchenzeit! So nah! Soll ich mein geliebtes T-Shirt wirklich noch rasch bügeln? Wieso auch nicht. Wir haben ja Zeit.

Die Zeit läuft. Nochmals Windeln wechseln, dem Kleinen einen Schoppen zubereiten, damit wir die etwas längere Autofahrt gut meistern. Dann fahren wir das eine Kind zu Babysitter Nummer eins. Nachdem es uns daran erinnert hat, dass wir das Kindervelo vergessen haben. Ok! Wieder rauf in die gute Stube und Kindervelo mit Helm holen. Und auch gleich noch rasch die Pflanzen giessen, was vorher im Jubeltrubel völlig untergegangen ist. Aber jetzt! Jetzt kann es losgehen. Pärchenzeit! Wir kommen!

Wir kommen beim Nani an, grosses, freudiges Hallo und wir erklären noch zwei, drei Sachen, reden noch ein bisschen, verabschieden uns und dann geht’s weiter. Nach einer etwas längeren Fahrt mit kurzen Unterbrüchen kommen wir am zweiten Ort an. Omi wartet freudig. Mit Kuchen und Kaffee. Austauschen, erklären, erzählen. Ich beobachte den Kleinen. Ob alles gut geht? Die Aufregung ist schon spürbar. Nicht seine. Auch nicht die von Omi. Meine. Ich schaue auf die Uhr. Es ist bereits halb vier. Wir sollten uns langsam aufmachen. Oder ganz schnell. Damit wir noch was haben vom Tag. Als Paar. Ein kurzer Abschied. Geschafft. Unsere gemeinsamen freien Stunden sind zum Greifen nahe. Wäre da nicht der Strassenverkehr. Stau. Ich werde nervös. Fluche ein bisschen vor mich hin. So kurz vor dem Ziel. Und dann schlägt die Uhr fünf und wir fahren in die Garage des Hotels. Geschafft. Einchecken. Bierchen trinken. Essen. Und dann. Ich bin so was von müde. Ich will schlafen. Einfach nur schlafen.

Ich wache auf. Es ist kurz nach Mitternacht. Ob die Kinder schlafen? Ich schaue aufs Handy. Nichts. Gut.

Ich wache auf. Es donnert und blitzt. Ob meine Mutter den Kinderwagen draussen gelassen hat? Ach herrjemine! Womit beschäftige ich mich eigentlich?

Ich wache auf. Acht Uhr morgens. Acht Uhr! Nicht fünf, nicht sechs. Nein, acht Uhr! Ich recke und strecke mich wohlig und geniesse die Ruhe. Natürlich nicht ohne vorher ein paar Kinderfotos zu betrachten und kurz mit Nani und Omi zu checken, ob alles gut gelaufen ist. Ob‘s den Kindern gut geht.

Mir geht’s gut. Richtig gut. Wir frühstücken wie Könige. Wir bekommen Kaffee und trinken ihn heiss. Wir bedienen uns am Buffet und dürfen essen so lange wir wollen und ohne dabei unterbrochen zu werden. Ohne tausend weitere Male aufzustehen. Händchen zu putzen. Zu mahnen. Zu schauen. Dies und das zu tun. Einfach nur essen und geniessen. Diese Krone werde ich mir wieder öfters aufsetzen. Die steht mir verdammt gut, finde ich. Ich schaue auf die Uhr. Kurz vor Mittag. Seufzend verabschieden wir uns von der Pärchenzeit. Wiederholen unsere Fahrt von gestern zurück. Etwas wehmütig. Aber voller Vorfreude auf die kleinen, süssen Rabauken, die unser Leben bestimmen. Und die mir den Sommer geschenkt haben. Den Sommer im Freien, wo ich meine Seele erwärmen und meine Füsse ins kühle Nass halten kann.

Mehr von Karin Hobi-Pertl gibt es auch hier...

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.