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Wenn Männer nicht denken

Single
Böckin
21.06.18 - 13:54 Uhr

Bau ein Haus, pflanz einen Baum, mach ein Kind – dass dieser Lebensentwurf nicht zwangsläufig auf jeden Menschen zugeschnitten ist, beweisen die anonymen Liebesbriefe ans wunderschöne, elende Single-Leben. Ein Hoch auf Selbstgespräche, Dosen-Ravioli und Liebeleien.

Ab einem gewissen Alter ist Single sein zwar immer noch eine tolle Sache, aber die guten Männer werden tatsächlich etwas rar. Gerade in einem Bergkanton wie unserem dürfte es sich mit den guten Männern so verhalten wie mit dem Jobangebot. Die Peripherie platzt nicht vor lauter Top-Singles aus allen Nähten und auch Ballungszentren wie Chur sind nicht gerade ein gut gefüllter Tümpel. Dies dürfte vor allem dann zutreffen, wenn man meinen Tinder-liebenden Freunden glauben darf. Da weitet man den Suchmodus nur allzu gerne auf einen Umkreis von 200 Kilometern aus. Aber lassen wir das. Es gibt die guten Männer nämlich nach wie vor. Allerdings muss man hie und da dann doch einige wenige Abstriche machen.

Kürzlich traf ich überraschend einen Mann, den ich noch aus meiner Jugendzeit kannte. Wir hatten einst einen ähnlichen Freundeskreis, aber ausser kurzen Konversationen nicht wirklich viel miteinander zu tun. Zum ersten Mal fiel mir aber an diesem Abend auf – eventuell lag es auch am Bier - , dass der gute Herr unheimlich «schnuggelig» war. Weshalb waren mir seine strahlend blauen Augen und sein charmantes Lächeln nie zuvor aufgefallen?

Ihm schien es ähnlich zu ergehen – aber auch hier lässt sich der Einfluss von Alkohol nicht ganz abstreiten - , also vereinbarten wir für den nächsten Tag ein Treffen. Wow, dachte ich mir nur. Gutaussehend, charmant, intelligent und sportlich … ein absoluter Jackpot!

Wir verabredeten weitere Treffen bzw. Unternehmungen und verstanden uns hervorragend. An einem Abend schliesslich sassen wir in seinem Auto vor meiner Haustüre und quatschten. Irgendwie war beiden klar, dass es bald zum Kuss kommen würde und dennoch traute sich keiner, einen Schritt zu machen. Als es dann ans Verabschieden ging, passierte es. Aus Jugendschutzgründen gehen wir hier nicht vertieft darauf ein, aber er küsste wirklich gut. Alles perfekt also? Mitnichten!

Wir waren uns beide einig, dass es sich gerade anfühlte, als wären wir nochmals 16 Jahre alt. Nur mit dem Unterschied, dass wir damals wohl mit unseren Velos vor meinem Hauseingang rumgelungert wären und garantiert nicht in einem Auto mit Klimaanlage. Nach einem verlegenen und freudigen Lächeln stieg ich dann irgendwann aus dem Auto. Als ich mich nochmals zum Auto umdrehte und mich nochmals verabschieden wollte, platzte der Herr doch tatsächlich mit folgendem Satz heraus: «Gell, nüt für unguat!»

Wie bitte? Ich hatte mich doch hoffentlich verhört!? Der gute Herr konnte offensichtlich selbst nicht glauben was er da gerade von sich gegeben hatte. Die Blutzufuhr zum Hirn musste wohl massiv gelitten haben.

Nachdem ich meinen Gesichtsausdruck wieder im Griff hatte, er kurz rot angelaufen war und ich lauthals zu lachen begonnen hatte, entspannte sich die Situation wieder. Er konnte es sich selbst nicht erklären, weshalb er in diesem Moment diesen Satz von sich gegeben hatte. Ich mir übrigens auch nicht.

Deshalb, liebe Herren, schweigt in solchen Momenten doch lieber und lächelt uns nett an. Denn wie sagt man so schön: «Reden ist Silber, Schweigen ist Gold».  

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