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Weggesehen haben die Behörden

Dario
Morandi
09.09.17 - 15:38 Uhr

In loser Folge berichten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Medienfamilie Südostschweiz aus ihrem journalistischen Alltag. Willkommen in unserem Glashaus!

Am schönsten ist es, wenn man etwas zum Beruf machen kann, das einen interessiert und fasziniert. Bei mir ist es die Technik, generell vom Auto über den Computer bis hin zum Flugzeug. Zum Kampf- oder Linienpiloten hat es leider nicht gereicht. Dafür aber zum Autojournalisten. Diese Tätigkeit übe ich seit 1981 aus, nach meinem Wechsel vom Autogewerbe in den Journalismus. Zunächst als Stellvertreter von Hanspeter Rennhard, der früher die Autoredaktion der «Südostschweiz» betreute und jetzt pensioniert ist. Seit bald vier Jahren ist «Auto&Motor», wie sich dieses Ressort heute nennt, allein meine Domäne. Neue Modelle zu fahren und einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, macht enorm viel Spass. Ich hätte, meinen viele in meinem Freundeskreis, «einen Schoggi-Job», weil ich zu Autopräsentationen viel in der Welt herumreisen und nicht selten auch tolle Schlitten im Alltag testen dürfe. Das ist tatsächlich so, vor allem, weil es spannend zu sehen ist, wie rasant sich die Fahrzeugtechnik entwickelt.

Oft werde ich gefragt, ob man als Autojournalist ein Fahrzeug denn überhaupt kritisch beurteilen dürfe. Schliesslich hätten Importeure und Hersteller als Grossinserenten ja ein Interesse daran, dass ihr Produkt im besten Licht dastehe. Von wegen. Wir dürfen, ja müssen kritisch schreiben können, weil wir in erster Linie den Leserinnen und Lesern verpflichtet sind. Um Produkte verbessern zu können, sind viele Hersteller sogar an (konstruktiver) Kritik interessiert. Was aber überhaupt nicht geht, sind sogenannte «Exekutionen» – wenn dem Tester das Design nicht gefällt und er deshalb das Auto als Ganzes «in die Pfanne haut». Den Leser interessiert es nicht, ob der Journalist am Wagen Gefallen findet. Unsere Aufgabe ist es, konzeptionelle Fehler oder Unzulänglichkeiten aufzuzeigen, die sich erst im Alltagsgebrauch offenbaren.

Doch auch dem Automobiljournalismus sind Grenzen gesetzt. Das zeigt der Abgasskandal. Tricksereien mit Schadstoffwerten nachzuweisen, ist und war für uns ein Ding der Unmöglichkeit. Der Vorwurf, wir hätten aus kommerziellen Überlegungen weggeschaut, entbehrt jeder Grundlage. Wie sollten denn Tageszeitungsredaktionen aufwendige Prüfverfahren durchführen können, um Abgasbetrügern auf die Schliche zu kommen? Das wäre die Aufgabe des Gesetzgebers gewesen. Weggesehen haben die Behörden, nicht wir. 

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