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CVP St. Moritz: Schäbig und stillos

Hans Peter
Danuser
30.10.18 - 04:30 Uhr
YANIK BÜRKLI

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Sein Name lieferte Schlagzeilen in der ganzen Schweiz: Der Zürcher Christian Jenny gewann die Stichwahl gegen den bisherigen St. Moritzer Gemeindepräsidenten klar und bei 70 Prozent Wahlbeteiligung. Grosse Verliererin ist neben dem abgewählten Präsidenten die stimmenstarke Ortspartei CVP, die in den nächsten vier Jahren keinen Vertreter mehr in der St. Moritzer Exekutive hat.

Und was macht sie? Sie sorgt mit einem Antrag im Gemeinderat dafür, dass das Jahressalär des neuen Gemeindepräsidenten um 50‘000 Franken gekürzt wird. Was für ein Empfang und Motivationsschub für Jenny und seinen Start in den verschiedenen Gremien im Januar 2019! Der Vorgänger hat acht Jahre lang 230‘000 Franken jährlich verdient und wurde von unzufriedenen Stimmbürgern abgewählt. Der neue Gemeindepräsident soll nun aufgrund des CVP-Winkelzugs zur Strafe für seine unverschämte Kandidatur und Wahl über 20 Prozent weniger verdienen. Das ist schäbig und stillos. Bei dieser Ortspartei aber keineswegs überraschend. Beispiel gefällig?

Bei meiner Ablösung als Kurdirektor von St. Moritz durch die regionale touristische Umstrukturierung (Tourismusorganisation Engadin St. Moritz) erhielt ich gegen Jahresende einen Anruf des Gemeindekassiers, der mir mitteilte, dass ich demnächst pensioniert würde. Um eine zweistellige Rentenkürzung zu vermeiden, empfahl er mir, die Betragslücke, die durch meine vorzeitige Pensionierung (mit 61 statt mit 65 Jahren) entstehe, möglichst bis Jahresende noch einzuzahlen. Es ging um 170‘000 Franken. Ich war perplex, da diese Lücke bei sämtlichen Kollegen in vergleichbaren Situationen in privaten Firmen von den Unternehmen übernommen wurde. Nach Intervention beim damaligen Gemeindepräsidenten war St. Moritz dann zähneknirschend bereit, 40‘000 Franken an den Fehlbetrag zu leisten. Die restlichen 130‘000 Franken konnte ich dank Freunden in der knappen Zeit auftreiben.

Wenn ich jetzt von sechsstelligen jährlichen Abfindungen des erfolglosen Gemeindepräsidenten höre, kommt mir buchstäblich die Galle hoch. Allein durch «mein» Markenschutz- und Lizenzprogramm flossen St. Moritz mehr als zehn Millionen Franken in bar zu als Lizenzgebühren und Sponsoringbeiträgen aus der Privatwirtschaft. Die Marke Heidiland, die der Kurverein gerade verkauft hat, erbrachte in den letzten Jahren ebenfalls einige Hunderttausend Franken. Und dann wird man nach 30 Jahren und anständigem Leistungs- und Resultatausweis auf diese Art und Weise entsorgt. Alle Präsidenten, die dafür letztlich die Verantwortung tragen, waren Mitglieder der St. Moritzer CVP, Gemeinde, Kurverein und Hotelierverein.

Die 2:5-Niederlage ihres Kandidaten bei meiner Wahl 1978 zum Kurdirektor führte bei der schon damals starken CVP-Ortspartei zu Frust und Verbitterung, was sich mir und dem Kurverein gegenüber bei vielen Projekten in Widerstand und Spiessrutenlauf niederschlug.

Ich hoffe sehr, dass sich dieses Verhaltensmuster beim Gemeindepräsident Jenny nicht wiederholt. St. Moritz kann sich das nach den verlorenen zehn Jahren schlicht nicht mehr leisten und «kann es besser»!

Die Zeit für kleinliche Erbsenzähler, griessgrämige Bedenkenträger und Permanent-Jammerer ist abgelaufen. Die Zukunft hat nach diesen Wahlen endlich wieder begonnen.

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