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Königskinder

Hans Peter
Danuser
23.10.18 - 04:30 Uhr
PIXABAY

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Gerade habe ich das neuste Buch von Alex Capus gelesen, das mir richtig Spass gemacht hat: ein Roman mit 180 Seiten, klein, fein, leicht und damit auch Nachttisch-tauglich: Königskinder.

Capus ist ein begnadeter Fabulierer und packt seine märchenhafte Geschichte in einen aktuellen Rahmen: Max und Tina, ein (Ehe?-)Paar im Sinne Peter Schneiders (Wie wird eine Ehe schön?), bleibt im dichten Schneegestöber auf einem Pass im Greyerzerland stecken und muss die Nacht im Auto verbringen. Um die Zeit zu vertreiben, erzählt Max Tina eine Geschichte, die kurz vor der französischen Revolution – genau in jener Passregion – ihren Anfang nimmt und die Max anhand von historischen Dokumenten exakt recherchiert hat.

Seinen Erzählfluss unterbrechen die Beiden immer wieder mit kleinen Dialogen der witzigen, teils umwerfenden Art, was zu einem hinreissenden Spiel zwischen den Jahrhunderten, heute und damals wird. Die Geschichte ereignete sich vor knapp 240 Jahren in einer Zeit des Auf- und Umbruchs in Europa. Jakob ist ein Hirte und Naturbursche aus der Gegend und verliebt sich in Marie, die Tochter eines reichen Bauern, wie wir ihn von Jeremias Gotthelf her kennen.

Der Junge heuerte in einem Schweizer Regiment bei den Franzosen an, schafft sich einen guten Ruf und wird Korporal. Die Schwester des französischen Königs Ludwig XVI. ernennt ihn zum Stallmeister ihres landwirtschaftlichen Musterbetriebs direkt neben Schloss Versailles, lässt Marie nachfolgen, ihren Jakob heiraten und eine Familie gründen.

Nach dem Umzug der Königsfamilie nach Paris, wo die Guillotine auf sie wartet, schlägt sich die Kleinfamilie in ihre Heimat durch, kauft dort den kleinen Bauernhof «La Léchère» und führt dort ein langes, glückliches Leben. Ihr dritter Enkel ist ein berühmter Mann geworden, National- und Ständerat sowie Bundesrichter, ein profilierter Radikaler von 1848.

Solche Geschichten sind die Spezialität von Alex Capus, der 1961 in der Normandie geboren wurde und heute in Olten lebt. Bekannt sind auch seine Romane «Léon und Louise» (2011) sowie «Das Leben ist gut».

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