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Ohne Glück kein Erfolg

Hans Peter
Danuser
03.07.18 - 04:30 Uhr

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Der amerikanische Wirtschaftsprofessor Robert H. Frank hat ein weiteres «lehrreiches und unterhaltsames Buch» («FAZ am Sonntag») geschrieben, das jetzt auf Deutsch vorliegt: «Ohne Glück kein Erfolg – Der ZUFALL und der Mythos der Leistungsgesellschaft» (Success and luck, 2016).

Franks Grundthese lautet: Menschen haben Erfolg, wenn sie für ihre Tätigkeit Talent haben, hart arbeiten und Glück haben. Weil es viele Menschen mit praktisch gleichen Fähigkeiten, Fleiss und Talenten gibt, entscheiden meist glückliche Zufälle, wer von ihnen wirklich Erfolg hat. Der Autor belegt anhand zahlreicher Studien, prominenter Beispiele und persönlicher Beobachtung: Erfolg basiert vorranging auf den Lebensumständen und ist damit dem Glück zu verdanken. Etwa zufälligen Anfangsvorteilen wie das Land der Geburt, Geburtsmonat (z. B. bei Sportlern), dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens etc.

Dabei stellt Frank fest, dass gerade erfolgreiche Menschen die Bedeutung glücklicher Zufälle in ihren Karrieren unterschätzen oder gar in Abrede stellen. Nicht so Bill Gates, einer der erfolgreichsten Menschen unserer Zeit. Er besuchte eine Schule, die ihm unbeschränkten Zugang zu einem der ersten Time-Sharing-Terminals für Computer bot und steht zu diesem Glücksfall: «Ich hatte als Jugendlicher einen besseren Zugang zur Software-Entwicklung als wohl jeder anderer in dieser Zeit.» Oder Roger Federer, der seine Geburt und Jugend in der Schweiz, seine Familie und sein Team immer wieder als Glücksfälle und Voraussetzungen zu seinem langjährigen Erfolg betont.

In einem früheren Buch hat Frank erläutert, dass unsere Welt zunehmend von «Winner-take-all»-Märkten dominiert wird. Auch im vorliegenden Band zeigt er, wie aus zufälligen Anfangsvorteilen rasch grosse Unterschiede entstehen können, unaufhaltbar für das Heer aller ebenfalls talentierten und fleissigen Mitbewerbern, denen der grosse Erfolg versagt bleibt. Typisch dafür sind die grossen High-Tech-Konzerne, die die Welt und Corporate Amerika innert der letzten zehn Jahre überfahren haben, sowohl bezüglich Unternehmungs- wie auch Markenwerte: Apple, Alphabet/Google, Amazon, Mircosoft und Facebook. Der gute alte ABBA-Hit «The winner takes it all» zeigt, dass dieses Prinzip schon lange bekannt ist.

Robert H. Frank ist Amerikaner, der den Begriff «Erfolg» primär wirtschaftlich versteht: je mehr Cash, desto erfolgreicher. Entsprechend sollte meines Erachtens zwischen Leistung und Resultat differenziert werden. All die vielen talentierten und fleissigen Menschen, die den durchschlagenden Erfolg nicht schaffen, leisten auch in Stunden und Aufwand oft gleich viel oder gar mehr als die Winner. Sie sind auch Teil der Leistungsgesellschaft, die deren Erfolg auch erst möglich machen. Nur schlägt sich ihre Leistung nicht in den exorbitanten Resultaten nieder, die die Sieger auszeichnen.

Noch eine Bemerkung zum Glücksbegriff. Der preussische General von Moltke pflegte zu sagen: «Glück hat auf Dauer nur der Tüchtige.» Glück ist für ihn also mehr als nur ein «Zufall, den man nicht beeinflussen kann», wie es Frank sieht. Nach Moltke provoziert, kitzelt der Tüchtige das Glück, in dem er zum richtigen Zeit am richtigen Ort das Richtige tut. Das Tun ist das Entscheidende. Für W. Goethe sind die drei Buchstabe das wichtigste Wort überhaupt. Erich Käster doppelte bekanntlich nach: «Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es.»

Frank hadert in seinem Buch mit der aktuellen Situation in den USA: immer schlechtere öffentliche Schulen, streikende, verzweifelte Lehrer, zerfallende Infrastrukturen wie Autobahnen, Strassen, Brücken etc. Er appelliert dafür, die Lebensumstände der 325 Millionen US-Amerikaner zu verbessern. «Eine Gesellschaft ist nur dann erfolgreich, wenn viele an ihrem Erfolg teilhaben. Dafür zu sorgen ist die Aufgabe aller, die am Gemeinwohl interessiert sind.» Sein Wort in Gottes Ohr! Statt die Steuern zu senken und das Land noch extremer zu verschulden, schlägt Frank eine progressive «Konsumsteuer» vor, damit die Mankos endlich behoben werden können.

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