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Hautnah am Marathonstart

Hans Peter
Danuser
20.03.18 - 04:30 Uhr
SCHWEIZ ENGADIN SKIMARATHON 2018
SCHWEIZ ENGADIN SKIMARATHON 2018
PETER SCHNEIDER

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Viel ist über den Engadin Skimarathon und sein 50 Jahr-Jubiläum berichtet worden. Zu Recht! Es ist der grösste Langlaufanlass der Schweiz und der zweitgrößte der Welt – nach dem Wasa-Lauf in Skandinavien. Heuer war ich erstmals seit 40 Jahren wieder mit dabei – als Alphornbläser am Start in Maloja, damals als Läufer. Unser Alphorn-Ensemble stand neben den Speaker-Container direkt über dem Start und intonierte in drei Einsätzen jeweils «Happy Birthday», Walzer und Polkas. 

Das Geschehen vor uns im Startgelände vor dem Silsersee war einzigartig und liess uns das Phänomen «Engadiner» aus nächster Nähe miterleben und den Mythos dieses Anlasses besser verstehen. Westwind mit leichtem Schneefall, knapp null Grad Celsius, über 10‘000 Langläufer in mehreren «Pferchen» startbereit. Startspeaker war Andrea Gilli, der frisch gewählte Gemeindepräsident von Zuoz und mein frühere Vize beim Kurverein. Zusammen mit seiner Kollegin vom Radio und dem Basler Warm up Meister hielt er die frierenden Sportler mit Informationen, Weisungen, Tipps, flottem Sound und lockeren Sprüchen bei Stimmung – auf Deutsch, Italienisch, Französisch, Englisch und natürlich Romantsch. 

14‘324 Teilnehmer waren gemeldet, davon kamen 10‘094 aus der Schweiz (70%), die anderen 30% aus 62 anderen Ländern. Unter den Schweizern waren 2410 aus Graubünden, 2287 aus dem Kanton Zürich, 1107 aus Bern. Natürlich wird der Anlass von Spitzenläufern besucht, aber ansonsten ist es vor allem ein Volkslauf aller Altersklassen. Der älteste Teilnehmer war 92 Jahre alt. Und dann war auch wieder Francoise Stahel (81 Jahre) am Start, die einzige Frau, die bislang alle 50 Engadiner bestritten hat. 

1969 wurde der Engadiner mit 856 Teilnehmern zum ersten Mal durchgeführt. 1976 nahmen erstmals über 10‘000 Teilnehmer daran teil. Seit 1985 kann der Engadiner auch mit der Skating-Technik bestritten werden, was dank der grossen Seeflächen keine Raumprobleme mit sich brachte. 1991 musste der Engadiner wegen schlechten Wetterverhältnissen abgesagt werden. Zum Glück blieb es bisher bei dem einen Mal. 

Die wartenden Teilnehmer spüren spätestens bei der Titel-Melodie aus dem Kolumbus-Film «Conquest of Paradise» das legendäre Marathon-Kribbeln kurz vor dem Start. Und der ist perfekt organisiert – was bei so vielen Teilnehmern auf doch begrenztem Raum entscheiden ist. Hier zeigt sich die grosse Erfahrung und der stetige Verbesserungswille der zumeist langjährigen Voluntaris – ca. 1500 standen dieses Jahr im Einsatz!

Auf der Rückfahrt nach St. Moritz sahen wir die Marathonläufer dann unterwegs: der vielleicht längste Tatzelwurm der Welt auf der seit 50 Jahren weitgehend unveränderten Strecke – auf den gefrorenen Seen auf gut 1700 m ü. M. eben, mit wenigen Steigungen, insgesamt leicht abwärts, eine moderate «längste Abfahrt der Welt» für alle Niveaus. Entsprechend gelassen und oft humorvoll ist die Stimmung bei den weniger zeitorientierten Volksläufern, die auf diese Weise die einmalige Landschaft des schönsten Tals der Welt buchstäblich erfahren und erleben können. Das und die vielen aufgestellten Zuschauer entlang der Strecke sind entscheidende Werte, die den Mythos des Engadiners mitprägen. 

Dazu zählt auch die professionelle Betreuung unterwegs: Verpflegung, Sanität, Reparaturen… und die perfekte Organisation im Zielgelände, inklusive der extra errichteten Eisenbahnstation direkt neben dem Ziel. 

Überhaupt ist der Marathon derart gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen, verflochten und eingebunden (RhB, Engadinbus, Postauto), dass die «Südostschweiz» am Tag danach auf der Titelseite lobt, der Engadin Skimarathon habe die «Zauberformel für einen nachhaltigen sportlichen Grossanlass» entdeckt. Dem kann ich nur beipflichten – mit einem grossen Kompliment an das OK, die Volunatris- und die Teilnehmer!

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