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Die reichsten Schweizer: Vom Knecht zum Bundesrat

Hans Peter
Danuser
23.01.18 - 04:30 Uhr
Tüchtig sind die Reichen auf der Liste alleweil. Jeder auf seine Weise …
Tüchtig sind die Reichen auf der Liste alleweil. Jeder auf seine Weise …
OLIVIA ITEM

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Seit bald 30 Jahren präsentiert das Schweizer Wirtschaftsmagazin «Bilanz» die Liste der 300 reichsten Schweizer. Am 24. November 2017 war es wieder soweit. Und wie immer ist die Liste geläufiges Gesprächsthema an den St. Moritzer Cocktails und Galas zwischen Weihnachten und Neujahr. Und immer fällt die Anregung oder Aufforderung an mich, die «Liste» in einem Blog mal zu thematisieren, zumal ich als ehemaliger Kurdirektor ja zahlreiche Gelistete persönlich kenne. Natürlich lasse ich die Finger davon.

Bis ich am Tag nach der Veröffentlichung einen «Tagi»-Kommentar darüber lese, der mich in seiner träfen Lockerheit zu diesem Reizthema positiv überrascht (Ausgabe vom 25 November 2017). Edgar Schuler zitiert dabei die Schweizer Juso-Präsidentin: «Die Vermögenden werde immer reicher, das macht mich rasend.» Er verweist zuerst auf die Bibel, Matthäus, Kap. 25: «Dem der hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben.» Und dann auf einen der aktuellen Top-ten-Reichen: «Blocher begann seine Laufbahn als Bauernknecht, und er stiess mit Fleiss (und List) in die Sphäre der zehn reichsten Schweizer vor – von denen die meisten viel von ihrem Reichtum ererbt haben.»

Dieser Hinweis hat bei mir Erinnerungen geweckt und mich zu diesem Blog inspiriert.

Vor 55 Jahren arbeitete ich im Waadtland auf einem grossen Bauernhof. Mein Schulfranzösisch war karg, und ich war froh, dass es da noch einen Zürcher Knecht gab, dem ich meist zugeteilt war, und der mir die ganzen Maschinen erklären konnte. Als wir zwei Deutschschweizer beim Frühstück zusammen mit dem Konfibrot noch Käse assen, passte das dem Patron gar nicht: «Wie kann man auch?! Aus euch beiden wird sicher nie etwas!», polterte er. Er hat sich geirrt: Sein damaliger Knecht war Christoph Blocher und wurde Bundesrat, ich schaffte es immerhin zum Kurdirektor …

Christoph Blocher in Pampigny. (Quelle Hanspeter Danuser)
Christoph Blocher in Pampigny. (Quelle Hanspeter Danuser)

Und wer hätte damals gedacht, was für eine unglaubliche Karriere diesem Bauernknecht gelingen würde: wirtschaftlich als Unternehmer, politisch als Bundesrat, vor- und nachher als Nationalrat, der die Schweizer Volkspartei (SVP) zur stärksten Partei der Schweiz machte, und der die politische Landschaft und Kultur des Landes buchstäblich umpflügte.

Natürlich verfolge ich Blochers erstaunliche Laufbahn seither mit grossem Interesse. Gerade weil ich ihn damals als sehr zupackenden Knecht erlebt habe, mit dem ich im Regen auf den Äckern auch richtige Drecksarbeit zu leisten hatte. Heute kommt er mir nach all seinen Erfolgen und Metamorphosen wie eine Renaissance-Gestalt vor. Dass er trotz des riesigen Drucks und permanenten Wandels zusammen mit seiner Frau drei Töchter und einen Sohn so aufgezogen hat, dass die vier sich seit Jahren als hervorragende Unternehmer bewähren, ist aus meiner Sicht seine erstaunlichste Leistung.

Parteilos, wie ich bin, kann ich meiner Bewunderung seiner Vita – in der auch Kunst, Geschichte, Musik und weitere Soft-Bereiche mitspielen – mit Überzeugung Ausdruck geben, ohne politisch überall seiner Meinung zu sein. Als Vertreter einer «Krücken-Branche» (Christoph Blocher) habe ich eh eine etwas andere Sicht der Dinge als ein Industrieller.

Betrachten wir die Bilanzliste also auch unter dem Aspekt der Art und Weise, wie die Vermögen entstanden sind, vermehrt oder einfach verwaltet werden, ergeben sich in der Tat erstaunliche Beobachtungen. Ingvar Kamprad, der reichste Schweizer – mit nordischem Migrationshintergrund – hatte als Startbasis eine Schreinerei in Schweden. Viktor Vekselber, der gebürtige Ukrainer, baute sein Oligarchenreich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs unter ganz anderen Bedingungen und Voraussetzungen auf, als wir sie hier im behäbigen Alpenraum kennen.

Die Übrigen der zehn reichsten Schweizer haben ihre Vermögen weitgehend geerbt und offenbar clever vermehrt. Glück brauchten sie weniger als die erwähnten Selfmade-Milliardäre. Aber wie wir seit Graf von Moltke wissen: Glück hat auf Dauer nur der Tüchtige. Und tüchtig sind die Reichen auf der Liste alleweil. Jeder auf seine Weise …

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