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Unesco-Biospären im Vergleich

Hans Peter
Danuser
10.10.17 - 04:30 Uhr

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Durch Zufall hatte ich in den letzten Wochen gleich mit drei Unesco-Biosphären zu tun: Menorca, Entlebuch und Val Müstair. Drei verschiedene Welten, mit dem Unesco-Label als gemeinsamem Nenner. Ein spontaner Vergleich drängt sich auf.

Die Balearen-Insel Menorca gehört seit 1993 zum «Klub» der weltweit gut 650 Biosphären und zieht das volle Programm mit Eifer und Stolz recht konsequent durch. Zwar gibt es in Spanien noch gegen 50 weitere Biosphären, doch differenziert sich Menorca damit klar gegenüber seinen bekannten Schwesterinseln Mallorca und Ibiza. Während diese gerade die letzten Jahre unter überbordendem Massentourismus leiden, half die Biosphären-Strategie Menorca, verschiedene negative Kollateralschäden des Tourismus zu vermeiden, und die Substanz ihrer Natur und Schönheit zu bewahren.

Für Menorca ist die Unesco-Auszeichnung der weltweit bekannteste und wertvollste Bio-Label überhaupt, der Marke und Marketingstrategie der Insel seit über 20 Jahren prägt. Es gibt wenig Bausünden, keine Hochhäuser, professionelle Kommunikation, Signalisation und inselweite Sauberkeit – ein sehr positives, starkes Gesamterlebnis!

Das Entlebuch ist zwar komplett anders, teilt aber die Werte und Überzeugungen der Menorker eins zu eins. Dank Kompetenz und Kontinuität der Geschäftsleitung ist die Markenführung hier professioneller und wirksamer als bei den Insulanern. Theo Schnider, Verkehrsdirektor seit gut 30 Jahren ist Biosphären Fan der ersten Stunde und prägt die Marke mit Charisma und Feu sacré: «Uncesco Biosphäre Entlebuch Luzern Schweiz!»

Auch die Val Müstair hat ihre Biosphära-Marke in den letzten 15 Jahren mit viel Herzblut aufgebaut allerdings ohne den Unesco-Begriff im Logo, was unerklärlich ist. Anders als in Spanien gibt es in der Schweiz nur zwei Regionen mit diesem Unesco-Label, und in Graubünden ist Val Müstair damit bislang das einzige von 150 Tälern. Solche Alleinstellungsmerkmale sind im Tourismus heute die halbe Miete und sollten entsprechend hervorgehoben werden. Kommt dazu, dass Val Müstair eine der ganz seltenen Unesco-Biosphären ist, in der auch ein Unesco-Weltkulturerbe steht. Das Tal ist damit gewissermassen in der globalen Champions-League in Sachen Natur und Kultur, die im Tourismus-Markt immer wichtiger werden. Das sollte aber auch so kommuniziert werden, denn es gibt ein Angebot erste, wenn man es kennt.

Was mich bei meiner Recherche irritiert hat, ist, dass im Biosphären-Verzeichnis der Schweiz zwar das Entlebuch und der Schweizer Nationalpark aufgeführt sind, die Val Müstair jedoch fehlt. Auf der offiziellen Tal-Website heisst es: «Die Biosfera Val Müstair ist ein Regionaler Naturpark von nationaler Bedeutung. Gemeinsam mit dem Schweizerischen Nationalpark und Teilflächen der Gemeinde Scuol bildet die Biosfera Val Müstair das erste hochalpine UNESCO Biosphärenreservat der Schweiz.» Die Talbehörde hat jetzt offenbar vor, die Val Müstair nur noch als Naturpark zu kommunizieren und den Biosfera-Begriff aus der Marke zu kippen – vom Unesco-Label ganz zu schweigen.

Wenn ich sehe, was Menorca und das Entlebuch in den letzten Jahren mit dem Unesco-Biosphären Label und Programm alles gemacht und sich im schwierigen touristischen Markt damit erfolgreich positioniert haben, staune ich über die Prioritäten, die in der Val Müstair diesbezüglich gesetzt werden.

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