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Darum ist Origen wichtig

Hans Peter
Danuser
05.09.17 - 05:00 Uhr
Das Origen-Festival ist anders.
Das Origen-Festival ist anders.

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Seit zwölf Jahren findet das Origen Festival Cultural in Graubünden statt. Sein Ursprung und Sitz ist das schöne Dorf Riom mit der markanten Burg, in der vor gut 500 Jahren der Bündner Calven-Held Benedikt Fontana gewohnt hat.

Das Festival hat sich rasant entwickelt und konnte am 31. Juli sein neues Highlight auf der Julier-Passhöhe, 2300 Meter über Meer, durch Bundesrat Alain Berset eröffnen lassen: ein roter babylonischer Theaterturm, zehneckig, 30 Meter hoch, mit 50 Bogenfenstern – eine markante Fahrnisbaute für die nächsten vier Jahre, bis sie wieder abgebaut wird.

Warum hat Origen Erfolg und kann nach so kurzer Aufbauzeit solche Würfe verkraften, finanzieren und füllen?

Ich stelle mir diese Frage jedes Jahr wieder, ist der Festival-Inhalt doch keineswegs einfach, eingängig oder gar populär, sondern durchwegs schwierige Kost in Form und Inhalt. Meist geht es um Grundfragen der menschlichen Existenz, oft um biblische Scherbenhaufen, wie die Apokalypse diesen Sommer, die vom Bündner Komponisten Gian Antoni Derungs als Oper vertont wurde, oder diesen Herbst eine Herodes-Episode als Familiendrama. Nie würde ich mir solche Themen in einem gängigen Theater, Opernhaus oder einer Kirche «antun», obwohl gerade das Apokalypse-Thema durch die Naturkatastrophen in Bondo oder auch Houston beklemmende Aktualität erhielt. Aber Origen kriegt das hin.

Entscheidend ist das Gesamterlebnis eines Origen-Abends, und was wie davon hängen bleibt.

Das beginnt mit der Kommunikation. Das Programm-Buch dieses Sommers war über 100 Seiten stark, sehr ästhetisch in Farbe, Form und Gestaltung, umfassend in Inhalt – und markenmässig professionell präsentiert, seit zwölf Jahren bereits. Wer Origen hört, sieht dieses Brauntöne mit Burg-Silhouette im Quadrat vor sich. Punkt.

Dann ist es die Persönlichkeit des Gründers und Intendanten, Giovanni Netzer, in seinen Ausführungen im Katalog, beim Empfang, auf der Bühne – eine sehr starke, sympathische Präsenz, viel Credo und Charisma.

Einzigartig sind die Orte, Lokale und das natürliche Umfeld der Aufführungen. Das beginnt mit der konsequenten Hin- und Rückfahrt mit den Postautos, dem Wetter, Mond, Nebel etc. Origen bezieht diese Faktoren ganz bewusst in die Aufführung ein.

Dann die Qualität der Schauspieler, Tänzer, Sänger und Musiker, der meist asketischen Inszenierung und starker Symbolik.

Fazit: Origen ist anders. Aber authentisch, unverwechselbar und passt perfekt zur einzigartigen Landschaft und Bevölkerung dieses Kantons. Und kommt gerade deshalb auch bei unseren Gästen gut an.

Origen ist eine grosse, seltene Chance für Graubünden. Packen wir sie und bringen wir sie gerade in den nächsten vier Jahren zur vollen Blüte. Der Turm auf dem Julier machts möglich.

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