Menschäfrässer
Das Zusammenleben der Sprachen und Kulturen in Graubünden: Das ist das Thema der Kolumne «Convivenza», die wöchentlich in der «Südostschweiz» und der romanischen Tageszeitung «La Quotidiana» publiziert wird.
Chürzli hed mä chönnä läsä, d Erika Bertschinger sii mid Nünzgi gstorbä. I han duä grad äs bitschi studiärä müässä, aber wa i «Uriella» gläsä han, ischt dr Füüfer au bi miär gchiit.
Bhüätisch, diä ischt gwüsser afä in dä Achtzger dür dä Fernsee geischteret, as göttlichi Jungfrau, in schneewissnä Rüüschäliröck, uufgchläbtnä, zentnerschweernä Wimpärä, brandschwarz gfärbtem Haar und mid Bluämäschmuck dri, dass mä gmeint hed, jetz und de gchiji de grad där Chopf ab äm Hals. I glaub, wa i diä ds eerscht Mal gsee han, han i gmeint, das sii än Parodii, ä Witz, diä tehi da nu so vrfilligs.
Aber nüd da, vollä Äärischt hetsch gchann. Schii sii ds Sprachroor vu Jesu Chrischt, hetsch gseid, und das heind irä de ziitäwiisch au gägäd 1000 Mitglider vu irem Fiat-Lux-Värein abgnuu. I cha mi ärinnärä, wiäsch imä Badzimmer gchneulet ischt und mid irä Hend äso im Wasser ummer gschwadderet hed. Dass sii äbä Gsundheitswasser, und allemaa heind iri Gläubiger das gsundä Wässerli au bäzallt und gätruuchä. Wiä guät, dass nä gätaan hed, weiss i nid, aber di Badwannä hed nid grad suuber uusgsee.
Dem säg i äbä Menschäfrässer, derig waa mid Heilsvrsprächä dä Lüüt, waa s in dr Regel nid äsoo guät geid, ds Gäld usem Sack ziänd, und um nüüd anderschts geids da.
Wiä där Tüütsch, Biyon heisst är. I muäss sägä, gwüss än hübschä Purscht ischt das und hed sägaar än Doktertitel. Är reiset dür halb Europä und füllt d Sääl as Motiwationstreener und Glücksbotschafter. Dä Lüüt, wa höckwiisch aareisend und um 30 Euro Iintritt zallend, verzellt är indischi Meerli und gschiidi Sprüch. Drzuä chamä no Armbendäli chaufä oder Schlüsselaanhenger mit dermä Spruch druuf, dass mä s ja nid vrgisst, ds Glück, oder Höörbüächer chaufä und losä zum schi im eignä Glück z ärtreichä. Und nüüerdings cha mä dään nid nu uf Facebook und Youtube vrfolgä, nei, jetz tarf mä diä Glücksschüüb au no jedä Tag über WhatsApp ämpfaa.
Zum all diä Känääl füllä und das grossä Glück vrteilä, bruuchts de schon grad än bitz äswas, zäb gib i zuä. Aber ds grööschtä Glück hed da garantiärt dr Meerliärzeller. I schetzä, dass är ällei mid imschä zwei bis drii Uuftritt in dr Wuchä 20’000 Euro vrdiänet. Was de no d Grossfirmänä wiä Schwarzkopf, Henkel, Bosch und Co. für derä Uuftritt zallend, waag i nid z schetzä. Äbä Menschäfrässer säg i dem. Und d Lüüt leend schi allemaan gärä lä frässä.
In dr Schwiiz heimer au derig, wiä dr Voggenhuber. Drsäb hets aber mee mid dä Vrstorbnä. Denä chan är ds Gäld zwar nid us äm Sack ziän, aber drfür dä Naachommä. Är hed übrigens in zwölf Jaar zwölf Büächer vröffentlicht und än rächtä Heilbetriib uufgäbuä, und das alls garantiärt nu us Negschtäliäbi.
I deichä, wenn d Uriella füfzg Jaar speeter gäboorä weer, diä wurti hüt dr reinscht Kassäschlager sii. Bi denä leerä Chilchä villicht nid grad as Spraachroor Gottes, aber d Lüüt bruuchend aaschinend Glücksbotschafter, Motiwazionstreener und Heilsfergger, sus funkzionierendsch nümä.
Marietta Kobald-Walli, geboren 1960, lebt in Strahlegg/Fideris. Sie ist Fotografin und Journalistin, Hochbauzeichnerin, Ehefrau und Mutter von zwei Kindern.
Wörtliübersetzig
bitschi, bitz - ein bisschen
gchiit - gefallen
afä - schon, bereits
gchiji - würde fallen
frvilligs - so tun als ob
gchneulet - gekniet
höckwiisch - haufenweise
dermä - solch einem
ärtreichä - ertränken
zäb - das, dieses
allemaan - anscheinend
heimer - haben wir
derig - solche
drsäb - dieser
wurti - würde
nümä - nicht mehr
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