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Heldin Mama

Kristina
Schmid
18.10.19 - 04:30 Uhr

Beginnt das Chaos jeden Tag von vorn, sagen wir: Herzlich Willkommen im Familienleben. Unser Alltag reiht verrückte, bunte, profane und ab und zu unfassbar perfekte Momente aneinander. Das Leben als Mama oder Papa ist eine aufregende Reise, auf die wir Euch nun mitnehmen. Ganz nach dem Motto: Unser Alltag ist ihre Kindheit.

Liebe Neu-Mama, liebe Bald-Mama,

Ich möchte Dir etwas sagen, das Du jetzt hören musst: Du bist eine Heldin. Das hört sich vielleicht nach einem idiotischen Spruch an, den Du vermutlich eher auf einer Warenhaus-Tasse vermuten würdest, aber ich meine es ernst. Du bist eine Heldin. Dein Job ist ein schwerer Job. Mama sein ist hart. Vor allem am Anfang. Und wir Mamas neigen dazu, uns selbst runter zu machen, wenn wir einen schlechten Tag haben. Und die Chancen stehen gut, zu Beginn viele schlechte Tage zu haben. Und so machen wir uns nicht selten selbst die grössten Vorwürfe, wenn wir das Gefühl nicht loswerden, als Mutter gerade komplett zu versagen. 

Das ist Unfug. Du gibst doch schon alles, um die beste Version Deiner selbst zu sein. Und das ist schon unfassbar viel!

Ich möchte ehrlich sein zu Dir. Deine Vorstellung vom Leben als Mutter wird sich nicht immer mit der Realität decken. Nicht alles wird immer nach Plan laufen. Es wird Tage geben, an denen Du das Gefühl haben wirst, es nicht zu packen. Und vielleicht wirst Du es einmal tatsächlich nicht packen. Das macht Dich aber noch lange nicht zu einer schlechten Mama. Es macht Dich menschlich.

Einige Monate nach der Geburt unseres Sohnes besuchte mich eine gute Freundin bei mir zu Hause. Ich hatte mich gerade vom «vierten Trimester» erholt und war langsam bereit für etwas Gesellschaft. Immerhin kam ich inzwischen wieder normal zum Duschen. Wir setzten uns auf die Couch, während mein Sohn im Laufgitter schlief. «Wir möchten ein Baby. Mein Mann und ich», sagte meine Freundin und blickte mich an. «Deshalb sei ganz ehrlich zu mir. Schone mich nicht. Wie hart ist es?»

Ich lachte. «Was genau meinst Du?» – «Na alles. Wie schwer ist es, Mama zu sein?»

Ich dachte nach, wie ich ihre scheinbar einfache Frage beantworten sollte. Wie konnte ich ehrlich sein, ohne meine Freundin zu verängstigen? Sollte ich ihr erzählen, wie es ist, über Monate hinweg nicht mehr als zwei Stunden am Stück zu schlafen? Oder sollte ich von der überwältigenden Liebe zu meinem Sohn erzählen, wenn er seine kleinen Händchen um meinen Finger wickelt? Tatsache ist: Mama sein ist beides. Es ist eine Achterbahnfahrt. Es ist pures Glück und überwältigende Dankbarkeit. Es ist aber auch totale Erschöpfung. Und es sind irrationale Anfälle nahe am Wahnsinn. Es sind die besten Zeiten und die schlimmsten Zeiten. 

Meine Freundin sah mir in die Augen. Sie wartete. Ungeduldig. Sie wollte wissen, was ich zu sagen hatte über dieses #Mamaleben. 

Was also sollte ich ihr sagen? Sollte ich ihr sagen, dass sie damit die schwerste Reise ihres Lebens antreten würde, auf die sie nichts vorbereiten könnte, und die eine kleinere Identitätskrise beinhalten würde? Sollte ich ihr gestehen, dass es am Anfang Tage geben würde, an denen sie sich fragen würde, weshalb sie jemals das Gefühl hatte, ein Baby zu bekommen wäre eine gute Idee – nur um zwei Sekunden später zu bereuen, an ein Leben vor dem Baby auch nur im entferntesten gedacht zu haben. Dass sie Schuldgefühle überrollen würden gekoppelt mit unfassbarer Dankbarkeit, überhaupt eine Mama sein zu dürfen? Dass sie gleichzeitig weinen und lachen würde?

Schliesslich sagte ich: «Du stellst nicht die richtige Frage.» – «Was meinst Du?» – «Frag nicht nach dem Weg, frag nach dem Ziel.» Ich weiss. Das entspricht dem exakten Gegenteil, was uns auf allen Plakaten stets vermittelt wird. Aber egal. «Okay», sagte meine Freundin. «Was also soll ich Dich fragen?» – «Ob es das Wert ist.» Sie rollte mit den Augen. «Und…?» – «Ja!», sagte ich ohne zu zögern. «Jede Minute jedes einzelnen Tages. Er ist es sowas von Wert und ich würde es jederzeit wieder tun.»

Liebe Neu-Mama, liebe Bald-Mama,

Ich erzähle Euch das, weil ich ehrlich sein will. Ich will nicht so tun, als sei die Mutterschaft eine einzige magische Reise. Ja, es wird sie geben: Diese wunderschönen, Foto-perfekten, kann-man-diesen-Moment-bitte-einfrieren Tage. Aber es wird auch diese harten Tage geben, an denen Du am liebsten aus Deiner Haut fahren würdest. Und selbst das ist okay. Ich möchte, dass Du Dich in diesen Momenten daran erinnerst, dass Du berechtigt bist, alle Gefühle zu fühlen. Du bist eine starke und intelligente Frau, die fähig ist, gleichzeitig zwei widersprüchliche Gefühle zu fühlen. Das Gute. Und das weniger Gute. Und im Chaos dieser weniger guten Gefühle will ich Dich wissen lassen: Du bist nicht alleine. Ich war schon da. Und Tausende andere Mütter auch. Es wird einfacher. Und wie gesagt: Du bist nicht alleine. 

In Liebe, Kristina

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Hallo Kristina, was willst du? In der Stadt leben oder auf dem Land? In Pfäfers kann man ein Haus kaufen. Pfäfers ist sehr ländlich. Trozdem haben wir ein gutes Schulsistem. Unsere Kinder können im Dorf bleiben und die schule mit der Oberstufe beenden. In Valens und Vättis ist das nicht möglich.