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Das Churer Masken-Desaster hat ein Ende

Die Brocki Grischun fährt die Produktion der «ChurMaska» hoch – nachdem sie lange stillstand. Inzwischen wurden die ersten Exemplare verkauft. Dies nachdem Stadtpräsident Urs Marti die Stoffmaske bereits vor knapp drei Monaten präsentiert hatte.

17.07.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Der Maskenstoff ist da: Brocki-Grischun-CEO Adrian Ciardo präsentiert eine fertig genähte «ChurMaska». Bild Philipp Baer
Brocki-Grischun-CEO Adrian Ciardo präsentiert eine fertig genähte «ChurMaska».
PHILIPP BAER

Sie prangt auf den Plakaten und der städtischen Website: die «ChurMaska». Eine Schutzmaske aus Stoff im Design des Churer Stadtwappens. Doch in freier Wildbahn ist sie schwieriger zu erspähen. Dies hat seinen Grund: Es kam zu Lieferverzögerungen von rund vier Wochen. Erst Ende Juni wurden die ersten Exemplare an die Frau und den Mann gebracht, wie Adrian Ciardo, CEO des Vereins Brocki Grischun, erklärt.

500 neue Masken pro Woche

Die Nachfrage war dabei nie das Problem: Kurz, nachdem die Stadt Ende April die Corona-Schutzkampagne «Ich Schütze dich und mich» lanciert hatte, gingen haufenweise Bestellungen ein. Bei 3000 eingegangenen Aufträgen musste die Brocki Grischun gar einen Bestellstopp verhängen. Grund: Sie konnte nicht produzieren – da der Stofflieferant Konkurs ging, wie Ciardo ausführt.

Zwischenzeitlich fand der Verein Ersatz. Neuer Maskenstoff wurde bezogen. Seit Anfang Juni nähen jeweils sechs Personen gleichzeitig in der Werkstätte der Brocki Grischun. «Wir fertigen rund 400 bis 500 Masken pro Woche an», sagt Ciardo. Bereits seien 2500 Exemplare verkauft. Ciardo hofft, bis Ende Monat die übrigen 500 bereits angeforderten Einzelstücke fertigzustellen. «Sobald wir wieder Masken auf Lager haben, können neue bestellt werden», verspricht er.

Erwartungen bereits übertroffen

Auslöser für den Ansturm auf die Masken war Stadtpräsident Urs Marti. Er trug an der Medienkonferenz vom 21. April als erster die «ChurMaska». Dabei handelte es sich um einen von zehn Prototypen. Dass die Stoffmasken erst seit gut drei Wochen vertrieben werden und derzeit immer noch keine neuen bestellt werden können, war natürlich nicht in seinem Sinne. Doch er sieht es positiv: «Eine solche Nachfrage haben wir nicht erwartet.»

Tatsächlich rechnete die Stadt ursprünglich mit einem Auftrag für rund 500 «ChurMaska». Dass nun bereits 2500 verkauft wurden, freut Marti riesig. Die Lieferverzögerung ist für ihn indes nicht weiter schlimm. Der Konkurs des Stofflieferanten sei höhere Gewalt.«Die Leute haben Geduld», sagt er. «Es gibt ja auch andere Masken.»

Marti bereut zudem nicht, die «ChurMaska» schon im April präsentiert zu haben. Er würde es wieder genauso machen. «Die Stadt war nie in der Verantwortung, die Produktion hochzufahren», ergänzt er. Auch sieht Marti gerade durch die Herstellung in der Brocki Grischun – wo die Masken von Menschen mit Handicap hergestellt werden – einen zusätzlichen Pluspunkt für das Produkt. «Hätten wir sie industriell hergestellt, wären sie wohl nicht so beliebt», vermutet er. Das sieht auch Ciardo so. Es handle sich bei der «ChurMaska» um ein lokales Produkt, das von Hand in verschiedenen Arbeitsschritten gefertigt werde. Und trotz der hohen Arbeitslast verleide den Masken-Nähern die Arbeit nicht. «Sie machen es gerne», sagt Ciardo. «Denn es handelt sich um ein Produkt, das einen Mehrwert bringt.»

Heimweh-Bündner bestellen

Ciardo rechnet mit zusätzlichen Bestellungen, sobald diese wieder möglich sind. Dies auch, weil im öffentlichen Verkehr nun Maskenpflicht herrscht. Sobald mehr Personen die «ChurMaska» tragen würden, werde diese noch bekannter und beliebter, so Ciardo weiter.

Stadtpräsident Marti ist ebenfalls überzeugt: Der Rummel um die «ChurMaska» werde so schnell nicht verschwinden. «Dass sie momentan rar ist, macht sie umso gefragter», vermutet er. Und nicht nur Ortsansässige bestellen die Churer Stoffmaske, sondern auch Personen aus Zürich, Basel, Bern oder sogar Deutschland. «Heimweh-Bündner aus der ganzen Welt kaufen die Masken», stellt Marti erfreut fest. Sie seien bereits heute ein Kultobjekt, das auch vor dem Virus schütze.

Andri Nay hat Wirtschaftsgeschichte und Politikwissenschaften studiert. Er schreibt seit 2017 für das «Bündner Tagblatt» und die «Südostschweiz». Mehr Infos

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