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Flammender Appell der Veranstaltungsbranche

Die Veranstaltungsbranche in der Südostschweiz wie im ganzen Land wird noch immer heftig von der Covid-19-Krise getroffen. Mit der Aktion «Night of Light» lassen die Unternehmen Gebäude und Sehenswürdigkeiten in der ganzen Schweiz rot aufleuchten und machen so auf ihre Notsituation aufmerksam.

22.06.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
«Wir hatten seit Ende Februar einen Umsatzausfall von 80 bis 100 Prozent und müssen jetzt seit über drei Monaten so versuchen zu überleben», erzählt Andreas Käser von Neonblack in Fläsch.
«Wir hatten seit Ende Februar einen Umsatzausfall von 80 bis 100 Prozent und müssen jetzt seit über drei Monaten so versuchen zu überleben», erzählt Andreas Käser von Neonblack in Fläsch.
PRESSEBILD/EVENJO/BRUNO ZEHR

Die Veranstaltungsbranche war der erste Wirtschaftszweig, der von der Covid-19-Krise getroffen wurde – wir erinnern uns an den Engadin Skimarathon – und er wird auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit am längsten und tiefgreifendsten von den Auswirkungen betroffen sein. «Wir hatten seit Ende Februar einen Umsatzausfall von 80 bis 100 Prozent und müssen jetzt seit über drei Monaten versuchen, so zu überleben – mit so gut wie gar keinem Umsatz», erklärt Andreas Käser vom Veranstaltungsunternehmen Neonblack in Fläsch gegenüber «suedostschweiz.ch». Er nimmt mit seinem Unternehmen ebenfalls an der «Night of Light»-Aktion teil.

Die Situation in der Südostschweiz unterscheide sich hier nicht von der restlichen Schweiz. Spätestens als am 16. März das Veranstaltungsverbot und die Beschränkung auf fünf Personen kamen, war es auch für kleinere Unternehmen vorbei. «Uns war allen klar, dass diese Massnahmen notwendig sind, um gegen das Virus anzukämpfen. Aber es ist trotzdem ein harter Schlag», so Käser.

Solidarität in rotem Licht

Die teilnehmenden Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche in der ganzen Schweiz strahlen im Rahmen der «Night of Light» am Abend des 22. Juni 2020 von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr solidarisch ihre Gebäude oder ein anderes Bauwerk in ihrer Region mit rotem Licht an. Damit möchten sie auf die schwierige Situation in der Veranstaltungsbranche aufmerksam machen, wie die Organisatoren in einer Mitteilung schreiben.

Alleine in der Südostschweiz sind etwa zwei Dutzend Objekte Teil der Aktion. Dazu gehören die Churer Stadthalle, das «Kurhaus Lenzerheide», das Hotel «Kurhaus» in Bergün, der schiefe Turm in St. Moritz, das Kongresszentrum Davos, das Schloss Brandis und Lehner Akustik in Maienfeld, das Schloss Sargans sowie das Rathaus in Glarus. «Schweizweit sind es mehrere hundert Objekte, und es werden ständig mehr», sagt Käser. Auf der Übersichtskarte von «Night of Light» werden alle Objekte, die beleuchtet werden, eingetragen.

Unterstützung der Branche ist immer noch dringend nötig

Seit dem Lockdown macht die Veranstaltungsbranche keinen Umsatz mehr. Anders als in den produzierenden Branchen können weggefallene Umsätze nicht mehr nachgeholt werden, es kann auch nichts «auf Vorrat» produziert werden. Die meisten Unternehmen in der Branche sind Dienstleister.

Gemäss Kulturstatistik des Bundes waren in der Kultur- und Kreativwirtschaft im Jahr 2013 mehr als 275'000 Personen in rund 71'000 Betrieben beschäftigt. Das sind knapp 11 Prozent aller Betriebe in der Schweiz. Die Kultur- und Kreativwirtschaft generiere selbst einen Gesamtumsatz von rund 70 Milliarden Franken und erziele damit eine enorme direkte und indirekte Wertschöpfung, heisst es in der Mitteilung weiter. Selbst wenn nach dem Ende der Krise eine hohe Nachfrage einsetzen würde, könne der erlittene Verlust nicht mehr kompensiert werden.

Die Zukunft ist schwierig einzuschätzen. Ein kleines Licht wird in den neuen kommunizierten Lockerungen des Bundesrates gesehen, wonach das Veranstaltungsverbot von 300 auf 1000 Personen angehoben wurde. Weiterhin gilt aber, das Publikum in Sektoren von maximal 300 Personen aufzuteilen und eine Liste für das Contact-Tracing zu führen. «Es ist unter diesen Umständen praktisch unmöglich eine Veranstaltung wirtschaftlich durchzuführen», sagt Käser.

Er geht nicht wirklich davon aus, dass es diesen Sommer viele Veranstaltungen bis 1000 Personen geben wird. Auch, weil solche Events eine gewisse Vorlauf- und Planungszeit brauchen. «Kann sein, dass es im September wieder etwas besser wird, aber soweit ich gehört habe, wird die 300er-Sektoren-Regel auch dann beibehalten», erklärt Käser. «Ich persönlich rechne damit, dass uns das noch relativ stark treffen wird bis Ende Jahr. Richtig losgehen wird es vermutlich erst nächstes Jahr.»

Veranstalter fühlen sich im Stich gelassen

Trotz anfänglichen Zusicherungen des Bundesrates fühlen sich insbesondere die KMU sowie die Selbständigen der Branche nun im Stich gelassen, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Durch die Streichung der Kurzarbeit für Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung sowie der Änderungen im Erwerbsersatz für Selbständige verschlechtern sich die Aussichten dieser Akteure noch einmal deutlich. Die Veranstaltungsbranche besteht zu einem grossen Teil aus kleinen und kleinsten inhabergeführten Unternehmen sowie aus Selbständigerwerbenden. Hier ist eine Weiterführung der Unterstützung bis zum Normalbetrieb dringend nötig. Ebenso fordert die gesamte Branche mehr Planungssicherheit für die Zeit ab dem 1. September 2020 und ein Bewusstsein für die Zeithorizonte im Veranstaltungsgeschäft.

Die Lockerungen des Bundes sind teilweise schwierig zu verstehen. Es sind 1000 Personen erlaubt aber in 300er-Sektoren und mit 1,5 Meter Abstand zwischen den Personen. «Trotzdem gibt man uns etwas, man macht etwas, man versucht, gewisse Bereiche zu lockern, damit wir doch ein bisschen weiter gehen können», so Käser. «Wir nehmen, was wir kriegen können. Jeder Schritt Richtung Normalität hilft uns. So können wir wenigstens versuchen, den Umsatzausfall zu reduzieren.» Richtig losgehen werde es aber erst wieder, wenn alle Massnahmen aufgehoben werden und Normalbetrieb herrsche.

Eine Branche macht sich sichtbar

Für die Exponenten sei es wichtig, trotz der aktuellen Situation auch eine positive Haltung rüberzubringen und mit dem Einleuchten diverser Objekte ein faszinierendes und emotionales Event zu schaffen, heisst es in der Mitteilung. Sie wollen der Bevölkerung so signalisieren: Wir sind da und bereit. Vieles ist schon möglich und wir freuen uns auf neue Events. «Anstatt, dass man laut auf die Strasse demonstrieren geht, was ohnehin lange illegal war wegen des Versammlungsverbots, hat sich die Branche etwas leiseres und dennoch ausdrucksstarkes einfallen lassen, um auf die Situation aufmerksam zu machen», erklärt Käser.

Am Montagabend, 22. Juni, von 22.00 bis 24.00 Uhr werden in der Südostschweiz und im ganzen Land solidarisch Gebäude und Objekte rot beleuchtet, um auf die Notsituation der Veranstaltungsbranche aufmerksam zu machen. Weitere Infos zur «Night of Light» findet Ihr unter www.nightoflight.ch. Bilder und Videos des Spektakels können in den sozialen Medien mit dem Hashtag #nightoflight_ch versehen und geteilt werden.

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