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Lebensretterin erzählt von Folter und von Happy Ends

Die Schweizer Ordensschwester Lorena Jenal berichtet in Ennenda über ihren Einsatz in Papua Neuguinea. Dort hilft sie Frauen, die als Hexen angeklagt und gefoltert werden. Die Hilfe gelingt nicht immer.

Südostschweiz
16.10.19 - 19:10 Uhr
Leben & Freizeit
68-jährig und kein bisschen müde: Ordensschwester Lorena Jenal setzt sich heute noch für misshandelte Frauen ein.
68-jährig und kein bisschen müde: Ordensschwester Lorena Jenal setzt sich heute noch für misshandelte Frauen ein.
PRESSEBILD

Das Engagement von Lorena Jenal ist beispiellos. Die in einer Bergbauernfamilie im Bündnerland aufgewachsenen Baldegger Schwester hilft Frauen, die mit glühenden Eisenstangen gefoltert werden und mit dem Tode rechnen müssen. In vielen Fällen kann sie unter grossen Gefahren solche Frauen retten, oft aber kommt jede Hilfe zu spät.

Die Hexenverfolgungen gehören in Papua Neuguinea keineswegs der Vergangenheit an, im Gegenteil: Mit der «Moderne» kamen laut Schwester Lorena Alkohol, Drogen und Pornografie in das bis vor Kurzem noch fast unberührte Land. Dies sind, wie Jenal sagt, die Hauptgründe dafür, dass die Zahl der Hexenverbrennungen stark ansteigen.

Hexenverfolgung nimmt zu

Obwohl sich die Mehrheit der Bevölkerung zum Christentum bekennt, ist der Glaube an das Übernatürliche in der Gesellschaft noch stark verwurzelt. Gerade allein lebende Frauen stehen in der Gefahr, für Schicksalsschläge wie Krankheit, Tod oder Missernten verantwortlich gemacht zu werden. Sie werden als vermeintliche Hexen stigmatisiert und misshandelt, gefoltert und getötet. Alleine im Jahr 2018 hat sich Schwester Lorena um 18 Opfer von Hexenverfolgung gekümmert.

Bis 2013 war «Hexerei» im Land strafbar. Auch wenn das Gesetz sich geändert hat, die Sitten sind geblieben: Eine falsche Anschuldigung kann genügen. Dann werden die Frauen gefesselt und nackt mit glühenden Eisenstangen gefoltert; eine Menge steht dabei und gafft. Darunter auch Polizisten, wie Beweisfotos zeigen, die Schwester Lorena vorliegen.

Weimarer Menschenrechtspreis

Die sexualisierte Gewalt, das Ausziehen der Frauen und die Folter gebe es erst seit zehn Jahren, so die Baldegger Schwester. Die Ordensfrau prangert beharrlich die Menschenrechtsverletzungen an und wirft den Behörden Tatenlosigkeit vor. Es erstaunt nicht, dass sie mittlerweile auch von hochrangigen Polizisten bedroht wird.

Für ihren Mut, ihren grossen Einsatz und ihren furchtlosen Kampf gegen die groben Menschenrechtsverletzungen wie sexualisierte Gewalt, Folter und Mord an Frauen wurde die Ordensschwester kürzlich geehrt: Sie durfte im Dezember von der deutschen Stadt Weimar den Menschenrechtspreis 2018 entgegennehmen.

Seit Februar weilte sie bis vor Kurzem wieder in Papua Neuguinea. Soeben zurück in der Schweiz, berichtet sie am Donnerstag, 24. Oktober, in Ennenda von ihrem Einsatz für die geschundenen Frauen. Der Anlass im Anna-Göldi-Museum findet im Rahmen der Sonderausstellung «Hexenjagd in Papua Neuguinea» – einer Bild- und Textreportage von Bettina Flitner – statt und beginnt um 19 Uhr.

Die 68-jährige Ordensschwester ist seit bald 40 Jahren in Papua Neuguinea tätig. Das Museum ist ungeheizt, entsprechende Kleidung wird empfohlen.

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