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Benediktiner prägten das Christentum stark

Seit Eröffnung des «Benediktusheims» im Jahr 1919 tragen die Benediktiner ihre Mission von Uznach in die Welt hinaus. Ihr 100-jähriges Wirken feierten die Mönche.

Linth-Zeitung
30.09.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

von Dragiza Stoni

Die Gläubigen erhoben sich am Sonntag von ihren Plätzen und bekreuzigten sich, als die Benediktiner mit Nuntius Erzbischof Thomas E. Gullickson aus Bern und seinem Gefolge in die Abteikirche St. Otmarsberg in Uznach einzogen. «Heute wird die Mitwirkung dieser benediktinischen Gemeinschaft an der Verkündigung Jesu Christi während der vergangenen hundert Jahre gefeiert!», sagte der vatikanische Botschafter an der Eucharistiefeier. Weihrauch und der Gesang des Kirchenchors Uznach, unter der Leitung von Marilena Brazola, erfüllten die Kirche.

«Ein dienendes Häuschen»

Schon tags zuvor strömten Scharen von Besuchern zur Abtei St. Otmarsberg: Ordensleute vieler Klöster, Wohltäter und Vertreter aus Seelsorgeeinheiten und Politik. «Es freut mich sehr, Sie zum Jubiläum begrüssen zu dürfen», sagte Abt Emmanuel zu den gut 250 geladenen Gästen. P. Adelrich Mühlebach, der erste Obere von Uznach, habe im Jahr 1919 zur Eröffnung des Benediktusheims an der Rickenstrasse vermeldet, dass in Uznach ein Häuschen gekauft worden sei. «Im Vergleich zu anderen monumentalen Werken, die unsere Kongregation in den vergangenen 100 Jahren geschaffen hat, ist die Abtei St. Otmarsberg heute noch ein Häuschen – ein dienendes Häuschen», sagte der Abt.

Die Benediktiner- mönche wirken im Hintergrund. «Die grosse Show» sei nicht ihr Ding.

Die Benediktiner wirken im Hintergrund. Die grosse Show sei nicht ihr Ding. Doch sind sie es, welche nach den Ausführungen des Uzners Paul Oberholzer – Jesuit und heute Dozent für Geschichte an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom – das Christentum Nordeuropas begründeten.

In seinem Referat zeigte der Professor die Entwicklung des Christentums zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert – nach Untergang des Weströmischen Reiches – auf. Dabei bediente er sich an Bildern von Fresken, Schriften und Karten. Italien drohte damals der Rückfall ins Heidentum. Es herrschte Chaos. Der Papst hatte im von den Langobarden besetzten Gebiet nicht viel zu sagen, blieb auf Rom beschränkt. Gleichzeitig breitete sich der Islam aus. Christen aus dem Orient und Nordafrika flohen und brachten, als Träger von Bildung und Kultur, orientalisches Wissen nach Europa. Rom erwachte zu neuer Blüte.

597 zogen 40 Mönche von Rom in Richtung England, welches nach dem Untergang des Römischen Reichs wieder heidnisch geworden war. Die Christianisierung Englands – und damit ganz Nordeuropas – ruhe auf den Schultern des Benediktinerordens, erläuterte Oberholzer.

Christlichen Glauben vermittelt

Selbst der Ursprung der deutschen Schriftsprache liegt in den missionarischen Bemühungen angelsächsischer Mönche. Sie fassten Ausdrücke der friesischen Sprache, die nur mündlich existierte, in geschriebene Worte. Im Spätmittelalter vermittelten sie den christlichen Glauben dem einfachen Volk. Eines der bedeutendsten Zeugnisse dafür liegt in der Stiftsbibliothek St. Gallen: ein deutsch-lateinisches Wörterbuch, geschrieben um 780 – es gilt als ältestes deutsches Buch.

Die Benediktiner bauen Schulen, Krankenhäuser und landwirtschaftliche Betriebe auf.

Missionstrail gegründet

Als bleibende Erinnerung an das 100-Jahr-Jubiläum riefen die Benediktiner einen Missionstrail ins Leben. Zwölf Stelen mit Bildern und Texten beschreiben den Hintergrund und das Wirken der Missionsbenediktiner. Ihr Vorbild Otmar, erster Abt des Klosters St. Gallen, wird vorgestellt, sein Einsatz für die Armen und Aussätzigen dargelegt. Eine Tafel ist dem Leben des Ordensgründers Benedikt gewidmet und zeigt sein Lebensideal der Ausgeglichenheit auf. Auch die Missionstätigkeit der Mönche wird ausgeführt. «Für uns ist der Missionstrail ein Kommunikationsmittel», sagte der Abt bei der Einweihung. Sie würden sich darauf freuen, Interessierten ihre Missionsarbeit zu erklären, mit ihnen ihr Verständnis der Sendung Christi zu diskutieren. Zwei öffentliche Begehungen finden im Oktober statt.

Traumatisiert vom Völkermord

Nach einem Festschmaus und Musik des Mandolinen- und Gitarrenorchesters Uznach hatten die Gäste die Möglichkeit, an verschiedenen Workshops teilzunehmen. Es fanden Diskussionen statt zu Themen wie «Christentum und erneuerbare Energien». Eine Geflüchtete erzählte von ihren traumatischen Erlebnissen während des Völkermords in Ruanda, eine Ordensfrau vom Gesundheitswesen in Tansania. Bischof Marian Elegantis Jesusgebet oder klingende Psalme waren weitere Optionen. Harfenklänge von Florian Harder und die Musik der Familienkapelle Fischbacher aus Goldingen umrahmten Oberholzers Referat und den Apéro.

Zahlreiche Politiker sowie Ordensleute vieler Klöster strömten schon tags zuvor nach Uznach.

Der Nuntius wurde von zwei Schweizergardisten begleitet. Einer von ihnen ist der Uzner Vito Leo. Er habe von 2008 bis 2017 in Rom gedient und sei heute immer mal wieder im Einsatz. Anwesend waren auch Mitbrüder der Benediktiner aus Südkorea, Tansania oder Kasachstan. Für den Abt war es ebenso eine Freude, Politiker wie den Kantonsratspräsidenten Daniel Baumgartner und Uznachs Gemeindepräsident Diego Forrer begrüssen zu dürfen oder Ordensvertreter wie Notker Wolf, ehemaliger Abtprimas der benediktinischen Konföderation.

26 Klöster auf vier Kontinenten

Die Begeisterung der Missionsbenediktiner über die Teilnahme jedoch galt allen Gästen. Heute sind noch drei von den 21 Missionsbenediktinern aus Uznach in Tansania stationiert. Rund 1000 Mönche gehören der Kongregation der Missionsbenediktiner von St. Ottilien insgesamt an. St. Otmarsberg ist eines der 26 Klöster auf vier Kontinenten, das völlig selbstständig lebt. Neben den religiösen Tätigkeiten bauen die Benediktiner Schulen, Krankenhäuser und landwirtschaftliche Betriebe auf.

Begehungen des Missionswegs: 13. Oktober um 10 Uhr und 23. Oktober um 14.15 Uhr, Abtei St. Otmarsberg in Uznach

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