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Gericht glaubt Schnellfahrer seine Ausreden nicht

Das Kantonsgericht verurteilt den rasenden Bauführer einer Glarner Baufirma zu 1000 Franken Busse und gut 8000 Franken bedingter Geldstrafe. Die Richter zerpflücken seine Geschichte.

Fridolin
Rast
06.02.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Bussenblitzer: Eine Radarkontrolle bringt einen Schnellfahrer vor das Glarner Kantonsgericht – und zu einer Geldstrafe.
Bussenblitzer: Eine Radarkontrolle bringt einen Schnellfahrer vor das Glarner Kantonsgericht – und zu einer Geldstrafe.
SYMBOLBILD MARCO HARTMANN

Der Bauführer respektive sein Firmenauto wird 2016 bei einer Radarkontrolle der Militärpolizei im Kleintal geblitzt, unterwegs in Richtung Schwanden. Das Auto überschreitet die Tempo-80-Grenze an jenem Juliabend um 18.12 Uhr um 34 Stundenkilometer und wird der Kantonspolizei Glarus umgehend gemeldet. Der Bauführer bestreitet aber, selber gefahren zu sein.

Nur: Am gleichen Tag, 19.35 Uhr, hält ihn die Kantonspolizei bei einer Kontrolle in Mollis an, diesmal höchstpersönlich. Mit übersetzter Geschwindigkeit. Für die Beamten dort ist er als Fahrer des besagten Volvos ein alter Bekannter. Ihm war schon sechsmal der Fahrausweis entzogen worden, unter anderem war er viermal zu schnell gefahren.

Diese Vorgeschichte ist einer der Punkte, warum das Kantonsgericht nicht an seiner Tat um 18.12 Uhr im Sernftal zweifelt, auch wenn der Bauführer selbst auf jenem Radarfoto nicht identifizierbar ist. So ist es dem Urteil zu entnehmen, das der «Südostschweiz» vorliegt. Er bekommt 8100 Franken bedingte Geldstrafe und 1000 Busse.

Telefon verfolgt den Bauführer

Sein Verteidiger hatte vor Gericht eine ziemliche Geschichte ausgebreitet. Demnach hätte der Bauführer am Nachmittag im aargauischen Boswil eine Baustelle besucht. Aber als Mitfahrer eines anderen Bauführers, ihre Firma habe 20 bis 25 solche Volvos und teile sie nicht fest zu.

Seltsam ist die Geschichte mit dem Mobiltelefon, das gewissermassen zufällig den Bauführer an dem Tag verfolgte. Er benutze es «zwar überwiegend» so der Verteidiger. Aber alle könnten es nehmen: Das Handy lag angeblich in jenem angeblich nicht fest zugeteilten Auto, aber nur weil er Beschuldigte es vergessen habe. Die Telefonate, die dann auf dem Swisscom-Auszug für die Staatsanwältin waren, schreibt der Verteidiger einem unbekannten anderen Angestellten zu. Dieser habe wohl jedesmal nur erklärt, dass der Bauführer gerade nicht erreichbar sei.

Doch das Handy war – also zufällig mit dem gleichen Volvo – auf gleichen Route unterwegs wie der Beschuldigte selber. Dieser wiederum wollte das Auto ja nicht gefahren haben. Den Volvo, der geblitzt wurde, benutze er zwar relativ häufig. Aber nicht an jenem Tag, da müsse ein anderer damit gefahren sein. Und selbst wenns der Beschuldigte gewesen wäre – von Boswil ins Sernftal hätte er es in der verfügbaren Zeit nicht geschafft, rechnete der Anwalt dem Gericht vor.

Telefondaten liefern Indizien

Mit dem Versuch, die Anklage so zu zerpflücken, hatte der Verteidiger allerdings wenig Erfolg. Die Richter stützen sich auf Indizien, die zusammengenommen in ihren Augen den Tatbestand beweisen. Ab 16.10 Uhr fuhr das Telefon von Boswil ins Glarnerland, war 17.01 in Näfels, 17.27 im Sernftal, wo der Mann Familie hat, und wurde dort drei Minuten vor der Radarfoto nochmals erfasst.

Tags drauf hatte eine Sekretärin der Baufirma der Kantonspolizei spontan und zweifelsfrei gesagt, das Auto sei dem Beschuldigten als Bauführerfahrzeug persönlich zugeteilt. Drei Wochen später hatte sie dann schriftlich widerrufen und das behauptet, was der Verteidiger nun vorbrachte.

Mehrere weitere Indizien sprechen laut Urteil dafür, dass der Bauführer sein Fahrzeug selber fuhr: Wenn er selber angibt, dass er Auto und Telefon auch privat in der Freizeit benutzt, sei es nicht mehr glaubhaft, dass mehrere Angestellte der Baufirma damit führen oder telefonierten: «Bestimmt werden private Gegenstände in den Autos gelassen, private Kontakte, Konversationen und Fotos auf dem Telefon gespeichert.» Zudem war auf der Firmen-Website die Telefonnummer dem Bauführer noch Wochen nach der Schnellfahrt persönlich zugeordnet. Und eben: Die Polizei ordnete das Fahrzeug wegen früherer Vorkommnisse ganz selbstverständlich dem Bauführer zu.

Weiter: Wäre wie behauptet tatsächlich ein anderer Bauführer mit dem betreffenden Auto ebenfalls in Boswil gewesen, dann hätte er dem Beklagten ja dort auf der Baustelle das Telefon zurückgeben können. Umso mehr, als «die lange Liste der an dem Tag verzeichneten Anrufe doch gerade zeigt, dass der Beschuldigte während der Arbeit auf sein Mobiltelefon angewiesen wäre».

Der Zeitplan geht auch nicht auf

Ebenso wenig glaubt das Gericht die Verteidiger-Version des Zeitplans: Wäre der Beklagte nicht selber gefahren, so konnte der rätselhafte andere kaum um 18.50 in Bilten sein, wo er doch 18.12 im Kleintal geblitzt worden wäre. Denn es sei «gerichtsnotorisch, dass um diese Zeit im Glarnerland die Strassen überlastet sind».

Noch dazu ist es «schlicht nicht glaubhaft», dass der Beklagte erst um 18.50 in Bilten angekommen sein will, dann noch Bürokram erledigt haben – und um 19 Uhr angeblich schon zu Hause im Unterland. Darum ist es für das Gericht auch «zeitlich nahezu unmöglich, dass eine andere Person als der Beschuldigte» in die Radarkontrolle gefahren ist.

Mit seiner Tempoüberschreitung um mehr als 30 Stundenkilometer spricht ihn das Gericht der schweren Verletzung von Verkehrsregeln schuldig. Der Berechnung des Tagessatzes legt es ein monatliches Nettoeinkommen von knapp 14 000 Franken zugrunde. Der Bauführer hat das Urteil angefochten, auch das Obergericht muss sich damit beschäftigen. Wird er rechtskräftig verurteilt, so droht ihm ein weiterer Ausweisentzug.

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